Moosbierbaumer
Dorfblatt'l. Unabhängige Moosbierbaumer Dorfzeitung
|
|
Brief an einen FreundLieber Franz! Es war ein wunderschöner, fast schon zu warmer Frühlingsnachmittag an dem für unser kleines Dorf so traurigen 8. Mai, als ich für unsere neue Serie “Straßen erzählen” in der Rusterstraße ein paar Häuser besuchte. Ich verabschiedete mich gerade von Frau Schrall, als der Rettungshubschrauber mit lautem Knattern hinter deren Haus verschwand. Frau Wagner, die vor ihrem Tor stand, rief: “Zwei Rettungsautos sind zur Halle gefahren!” Ein erster Gedanke durchzuckte mich - der alte Herr Sauprügl, jetzt hat es ihn doch erwischt! Dieser rastlose, fleißige Mann, von dem wir alle sagten, er wird einmal bei der Arbeit sterben! Ich gehöre nicht zu jenen, welche sofort einem Blaulicht nacheilen, um sensationsgierig von einem Unglück zu berichten, daher quälte mich lange Zeit die Ungewißheit. Was war wirklich passiert? Plötzlich ein Telefonanruf - Herr Schneider war´s, sagte mir, der junge Sauprügl ist verunglückt! Er ist tot! “Nein, Herr Schneider, das kann nicht sein! Wer erzählt denn so etwas?” “Die Frau Trünkel hat mich angerufen.” “Herr Schneider, die Frau Trünkel, sie hat sich verhört, sagen Sie nichts weiter, ich rufe Sie an, wenn ich Genaueres weiß!” Ich konnte, nein, ich wollte es nicht glauben, daß Du nicht mehr unter uns sein solltest. Inzwischen schwirrten schon die diversen Gerüchte durch unseren Ort, Wahrheiten oder Halbwahrheiten, wer vermochte das schon zu sagen? Und da, so gegen fünf Uhr, da hörte ich sie - die Glocke unserer Kapelle, die Deinen Tod verkündete! Die folgenden Stunden kreisten meine Gedanken immer wieder um unsere gemeinsame Kindheit, und mir wurde bewußt, daß mit Dir auch ein Teil meiner Jugendzeit dahinging. Wir waren dicke Freunde, Du, Dein Bruder Walter und ich und Euer Elternhaus war ein gutes Haus, nicht nur, weil es das Geburtshaus meines Großvaters war, nein, hier fühlte ich mich auch Dank der Gastfreundschaft Deiner Eltern immer wohl. Wir spielten Fußball auf der Reitherwiese, wir probierten hinter
dem Milchkasino unsere ersten Zigaretten (mehr als eine halbe Länge
wurde es nicht, wir beide fanden absolut nichts daran, und Du bliebst
genauso wie ich Nichtraucher) und verbrachten eine unbeschwerte Kinderzeit
miteinander. Später dann trennten sich unsere Wege, Du warst in Deiner Jugendzeit in der Landjugend aktiv, während ich immer mehr vom Bauern zum Gastwirten wurde - meine Einstellung zu unseren Wurzeln aber blieb! Oft, wenn so manche meiner Gäste Euch mit Euren grünen Traktoren von früh bis spät vorbeiziehen sahen und sich über Euren übergroßen Fleiß mokierten, versuchte ich zu erklären, daß es auch Menschen gibt, die aus der Arbeit und durch die Arbeit ihr Glück finden. Heutzutage würde das treffend das englische Modekunstwort “Workaholic” beschreiben. Manchmal
fandest aber auch Du die Muße, kurz bei mir auf ein kleines
Schwätzchen stehenzubleiben, wobei wir dann über Gott und
die Welt diskutierten. Als ich einmal von meinem schlechten Gewissen
sprach, das ich hatte, wenn ich mit meinem Rennrad an euch fleißig
auf dem Feld Arbeitenden vorbeiradelte, zeigtest Du zu meinem Erstaunen
dafür Verständnis! Auch politisch waren wir oft einer Meinung,
besonders was Österreichs Beitritt zur EU anbelangte. Da warst Du
ebenso ein Gegner wie ich - die Union ist der Untergang des Bauernstandes,
sagtest Du genauso wie Dein Vater, und Ihr habt recht behalten, wie man
in unseren Dörfern sieht! Auf ein Wiedersehen, Franz!
|
|