Moosbierbaumer Dorfblatt'l. Unabhängige Moosbierbaumer Dorfzeitung
Jahrgang 5 • Ausgabe 13 • April 2003
 

Lebensgeschichten

Unter diesem Titel werden wir in unserem Dorfblatt'l eine Serie beginnen, welche Lebensläufe von Menschen aus unserer Umgebung nachzeichnet. Ob Arbeiter, Bauer oder Geschäftsmann, Frau oder Mann, ob in der Öffentlichkeit stehend oder bescheiden im Hintergrund - hier soll der Platz für die Erinnerung an so manche unserer Mitbürger sein.
Beginnen wollen wir unsere Serie mit dem Porträt eines Mannes, dessen Wirken als Musiklehrer und Organist unserer Pfarrkirche weit über die Grenzen unserer Gemeinde bekannt war und der dennoch ruhig und bescheiden unter uns lebte, dem Herrn

Roman Gaißriegler (1919 - 2003)

Dieser Artikel stützt sich im Wesentlichen auf den von Herrn Gaißriegler verfassten handschriftlichen Lebenslauf, welchen er auf das Ersuchen von Herrn Bürgermeister Leopold Schmatz anlässlich der Verleihung des „Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um die Kultur in der Gemeinde Atzenbrugg" im Jahre 1992 verfasst hatte. Wörtliche Zitate daraus sind unter Anführungszeichen gesetzt.

Leider existieren, so weit uns bekannt, keine Fotos, die Herrn Gaissriegler in der Ausübung seiner Tätigkeit als Orgelspieler zeigen. Sollte ein Leser dieser Zeilen Bilder davon besitzen, würden wir sie gerne in einer der nächsten Ausgaben dieser Zeitung veröffentlichen.

Roman Gaißriegler kam am 14. Jänner 1919 in der Knöllgasse in Wien X. zur Welt.
In seinem Lebenslauf vermerkte er ein seltsames Zusammentreffen: Sein Taufpfarrer M. Eisterer war ein gebürtiger Heiligeneichen!
„ Der Verbleib in Wien dauerte für mich nicht lange. Meine Eltern übersiedelten mit meinem Onkel (Bruder der Mutter, der immer bei ihr war, war ledig) schon Anfang 1920 nach Tulln und weiter nach Moosbierbaum – Fabrik.

Dort bekamen Vater und Onkel eine Anstellung in Kanzleien. Leider lebte mein Vater nicht mehr lange. Er verstarb im Mai 1922."

Nun musste sich seine Mutter um eine Verdienstmöglichkeit umsehen. Ihr stand jetzt gut an, dass sie außer ihrem Beruf als Registraturbeamtin bei der „Neuen Zeitung" in Wien nebenberuflich Musikunterricht gab.

So verlegte sie sich auch hier auf dem Lande auf das Unterrichten von Klavier und Zither. Das war damals sehr beschwerlich, weil der Unterricht im Haus der Schüler stattfand. Da mussten oft lange Strecken zu Fuß zurückgelegt werden. (Ein heute noch lebender Schüler ist Herr Johann Traxler aus Zwentendorf). Auch der Onkel, der beruflich Redakteur und Schriftsteller war, trug durch Arbeiten bei Zeitungen, Vorträgen, Herstellung von Kalendern und Aquarellmalereien zum Lebensunterhalt bei.

Die Volksschule besuchte der kleine Roman von 1925 - 29 in Zwentendorf, wo er auch von 1929 - 1933 die Hauptschule absolvierte. Im Jahre 1931 übersiedelte die Familie dann von Zwentendorf nach Heiligeneich (Haus Wejda).

„Die Jahre bis zu meinem Austritt hatten meine Lieben noch verkraften können, nun sollte ich einen Beruf erlernen, doch es fehlten die Mittel dazu. Meine Mutter wollte gerne, dass ich Musiker werde. So kam es, dass sie eine Hilfe suchte. Sie wendete sich an den ehemaligen Herausgeber der „Neuen Zeitung ". Dort waren sie und mein Onkel früher tätig."

Dieser Mann wohnte aber in der damaligen CSR in einer Stadt in der Karlsbad - Marienbader Gegend, wo sich auch eine Musikschule befand (leider ist diese Stadt nicht mehr zu eruieren). Der ehemalige Chef seiner Mutter erklärte sich bereit, den Buben bei sich in seinem Haus aufzunehmen und für seine Ausbildung zu sorgen.

„Dass das ein Angebot war, lässt sich wohl mit Worten nicht ausdrücken. Mein Wohltäter hat sich in großzügigster Weise für mich eingesetzt und mir wurde eine Lebensexistenz geschaffen."

„So begann ich im September 1934 meine Lehrzeit in einer neuen Umgebung, einer neuen Heimat. Ich bekam bald guten Kontakt mit den Menschen dort, den Musikkameraden, den Egerländern."

Der junge Roman Gaißriegler durfte nur zweimal jährlich nach Hause. Er bekam in der
Musikschule eine fundierte Ausbildung, lernte vom Chorgesang, der Kammermusik, vom Kirchenchor bis zum großen Orchester. Er lernte Musik- und Harmonielehre.

Er bekam Einzelunterricht in Klavier, Cello, Waldhorn und im letzten Jahr kam noch die Orgel dazu.

Es gab Konzertaufführungen mit dem Großen Orchester und auch Konzertreisen in die nordböhmischen Städte, wie Dux, Brüx, Komotau und Aussig.

„Und eine ganz besondere Art von Musizieren liess mich aufhorchen - die Musik in der Kirche. Um der Kirchenmusik näher zu kommen, bat ich im letzten Studienjahr, Orgel lernen zu dürfen."

August 1939 waren die fünf Lehrjahre zu Ende - und am 1. September begann der Krieg! Jänner 1940 kam der Einberufungsbefehl für Roman Gaißriegler, und zwar nach Braunau am Inn, wo er eine zweimonatige Infanterieausbildung durchmachte.

„Dann kam für mich eine gute Nachricht (eine solche hätte ich allen Kameradengewünscht!), in Gmunden wird ein Musikkorps aufgestellt. Wer kann, soll sich melden.
Nun ergriff ich das Glück und ich wurde als Waldhornist und Cellist aufgenommen."

Über zwei Jahre dauerte die ruhige Zeit in Gmunden, mit viel Proben und wenig militärischer Ausbildung.

Betreuung der Garnisonen Braunau, Wels, Ried und auch der Bevölkerung mit Esplanadekonzerten am Traunsee und Symphoniekonzerten.

Erst Ende 1942 wurde die Einheit nach Kroatien verlegt. Dort Dienst als Divisionsmusikkorps, aber die Musiker wurden auch als Hilfskrankenträger eingesetzt.

„Später wurden wir dann nach Italien, nach Genua, verlegt. Da unsere Einheit zum Küstenschutz eingeteilt war, kamen wir in die ganzen schönen Städte, wie Genua, Alassio, San Remo, usw., wo wir auch konzertierten."Roman Gaißriegler Im Herbst 1944 wurde in La Spezia die Musik endgültig aufgelöst. Gaißriegler war wieder Hilfskrankenträger und wurde im Raum Padua von italienischen Partisanen gefangen, die ihn aber den Engländern übergaben. Diese inhaftierten ihn in Tarent.

Im Mai 1945 ging es weiter in Richtung Heimat, wo ihn seine Mutter wieder in die Arme schließen konnte.

In Moosbierbaum lernte er dann seine spätere Frau kennen.

„Da meine Mutter im Jänner 1947 verstarb und ich jetzt mit meinem alten Onkel alleine dastand, heirateten wir am Ostermontag, 29. 3. 1948.

Die Hochzeit gestaltete sich so schön. Mit Blasmusik wurden wir zur Kirche abgeholt. Der Männergesangsverein sang die Deutsche Messe von Franz Schubert. Einen Landauer hatten wir als Fuhrwerk. Getraut hat uns noch der Pfarrer Franz Grießler. Die Hochzeit machte viel Aufsehen. Es hatten sich alle so lieb eingestellt."

Der Onkel verstarb im März 1949.

Gleich nach der Rückkehr aus dem Krieg übernahm Roman Gaißriegler den Organistendienst, den seine Mutter schon seit 1942 ausführte.

Zudem ergriff er den Beruf eines Musiklehrers:

„Mein Bestreben war, soweit es in meinen Kräften lag, den Lernenden immer soweit zu bringen, dass er selbst die Freude herausfinde am Musizieren. Ich bin glücklich, dass ich bei manchen Schülern die ersten Geh versuche in der Musik mit ihnen machen durfte, und die sich dann so schön entwickelten. Leider klappte es halt nicht immer. (Mein Wille wäre da gewesen)."

Über den Kirchenchor sagte der Organist:
„ Der Chor hat sich immer bewährt. Schon nach Kriegsende. Kamen immer wieder gute Kräfte als Sänger und Musiker dazu. Von Herrn Josef Bruckner übernahm Herr Fachlehrer Edmund Haas die Dirigentenstelle. Er meisterte sehr schwere Messen, mit gutem Verständnis für Musik. Auch standen gute Orchestermitglieder und Sangeskräfte zur Verfügung."
„ Jetzt ist eine jugendliche Kraft am Dirigentenpult, Herr Michael Muck."

54 Jahre lang spielte Roman Gaißriegler die Kirchenorgel.
Sein letztes Lebensjahr verbrachte er gemeinsam mit seiner Frau im Rosenheim in Tulln. Wenige Wochen nach dem Ableben seiner geliebten Gattin schloss auch er für immer die Augen.

(Verfaßt von Anton Müllner)




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