Moosbierbaumer Dorfblatt'l. Unabhängige Moosbierbaumer Dorfzeitung
Jahrgang 5 • Ausgabe 13 • April 2003
 

Das A4/V2 Heimatlager „ISABELLA"

Verschiedenen Luftbildern zufolge befand sich „Isabella" südlich des Güterweges von Dürnrohr nach Bärndorf, der alten Römerstrasse, auf dem Gelände des heutigen Verbund-Umspannwerkes und breitete sich noch fast einen Kilometer weiter nach Westen aus. Die heutige Bauschuttdeponie der Marktgemeinde Atzenbrugg befindet sich im Bereich der Gleisanlagen und der Verwaltungsgebäude. Die von Herrn Selle beigefügten Skizzen zeigen allesamt eine andere Lage, was höchstens mit der hohen Geheimhaltung zu erklären ist.

Die Bezeichnung „A4" war eine forschungsinterne und bedeutete „Aggregat der 4. Entwicklungsstufe", im Einsatz hieß die Rakete dann „V2", „Vergeltungswaffe Nr.2". Von diesen V - Waffen waren noch mehrere in Planung, aber schon V3 konnte nicht mehr verwirklicht werden.

Die Vergeltungswaffen
Die V1, erstmals am 12. Juni 1944 eingesetzt, also erst nach der Invasion vom 6. Juni 1944, erlangte ihre Berühmtheit durch die intensive Beschießung Londons mit den immensen Zerstörungen: Dieser Rakete werden ca. 6.000 Menschenleben und 16.000 Verwundete angerechnet, 23.000 Häuser wurden zerstört und etwa 750.000 durch die V1 beschädigt.

Auf England wurden rund 9.300 V1-Raketen abgefeuert. Von diesen erreichten nicht ihr Ziel: 2.800
wegen technischer Mängel, 2.080 wurden von der RAF abgeschossen, 1.500 wurden von der Flak abgeschossen, 520 wurden mittels Ballonsperren abgefangen.

Außerdem wurden auf Antwerpen 8.600 und auf Lüttich 3.100 der V1 abgefeuert. Von den 30.000 erzeugten V1 wurden ca. 21.000 tatsächlich abgeschossen.

Von der V2 kamen „nur" ca. 3.000 Stück zum Einsatz, erstmals am 8. September 1944, 1.000 davon trafen London und forderten 2.754 Menschenleben, 6.523 wurden verwundet.

Das Lager ISABELLA, wie einige andere auch (10 innerhalb des Reichsgebietes und 7 in besetzten Feindgebieten), wurde im Jahr 1943 in aller Eile von den Deutschen errichtet, um bei Luftangriffen der Alliierten möglichst nicht die gesamten Bestände der wertvollen V2-Raketen zu verlieren. Es handelte sich um ein reines Nachschublager, in dem noch keine Forschung oder Entwicklung betrieben wurde aber
Die Vergeltungswaffen
doch geplant war. Aus dem Buch des Herrn Richard RICHTER, „Die Geschichte der DONAU-CHEMIE" entnehmen wir, dass die Hafenanlagen an der Donau im Werk Pischelsdorf zu einem Drittel für die Trasdorfer Anlagen vorbehalten waren, um die Mittel für Forschung, Erzeugung und Lagerung der V2-Raketen auch auf dem Wasserweg zu- und abtransportieren zu können.
Wir können also davon ausgehen, dass die Wiege der heutigen Raumfahrt nicht in Trasdorf lag, leider!

Trotzdem möchte ich in der Folge einige Begebenheiten schildern, die sich in und um diese Versorgungseinrichtung in ihrem kurzen Bestehen abspielten. Wie schon Eingangs erwähnt, stammen diese aus einem Schriftwerk des damaligen stellvertretenden Kommandanten dieses Lagers, Herrn Siegfried Selle, der dieses von März 1975 bis November 1978 unter Mithilfe eines Kameraden niederschrieb. Leider liegt uns davon nur eine Kopie vor, deren Qualität sehr zu wünschen übrig lässt. Außerdem hat der Verfasser seine Erinnerungen nach Fachgebieten geordnet, sodass die verschiedenen Begebenheiten meist aus mehreren Teilen des Schriftwerkes und auch aus anderen Quellen zusammengestellt werden mussten. Die damalige Kopiertechnik hat auch mehrere letzte und vorletzte Zeilen verschiedener Seiten nicht wiedergegeben.

So fing es an
Schon vor dem 2. Weltkrieg wurde von den Deutschen intensiv Raketenforschung betrieben. Ursprünglich sollten diese Forschungen zur bemannten Raumfahrt führen, die kriegerischen Absichten der nationalsozialistischen Machthaber führten aber bald zu einer Zweckentfremdung. Diese Raketen sollten große Bomben (etwa 1000 kg Sprengstoff) über große Entfernungen transportieren können und ein Ziel möglichst genau treffen können. Die V1 hatte eine Einsatzschussweite von 250 bis 320 km; damals eine beachtliche Weite.

Nach den Blitzerfolgen der deutschen Wehrmacht in den Jahren 1938 bis 1940 entzog Hitler dem Raketenprojekt seine hohe Dringlichkeitsstufe, da man aufgrund der eigenen Überlegenheit die neuartigen Raketen offenbar nicht mehr benötigte. Trotzdem ließ GenObst Walther von BRAUCHITSCH die Raketenforschung in PEENEMÜNDE auf der Insel USEDOM in der Stettiner Bucht an der Ostsee weiterführen. Er ließ einen Stab von 4000 Technikern und Forschern, allen voran Wernher von Braun, die Raketenforschung gegen die ausdrückliche Anweisung Hitlers vorantreiben.
Abschuss einer V2 Startrampe
Abschuss einer V2 von einer Startrampe,
wahrscheinlich in Peenemünde

(Wird fortgesetzt)



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Trasdorf - die Wiege der Raumfahrt?


•Das A4/V2 Heimatlager „ISABELLA"

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