Adolf
Hitlers Waffenkammer oder
Trasdorf - die Wiege der Raumfahrt?
Verfasst von Vizeleutnant Josef GOLDBERGER, Schriftführer
der „Moosbierbaumer Heimatkundlichen Runde" nach Schriften
des Herrn Siegfried SELLE, vormals stellv. Dienststellenleiter des
A4/V2 Heimatlagers „ISA BELLA", Oberfeuerwerker und Sprengmeister,
später Vizeleutnant des technischen Dienstes beim öBH/HMatA
Wien, verstorben im Jahre 1997.
Vizeleutnant
Siegfried Selle
Einleitung
Das Tullnerfeld hat im Laufe der Jahrhunderte vieles über sich
ergehen lassen müssen. Mit seinen fruchtbaren Gründen war
es schon immer Siedlungsgebiet für fleißige Menschen, wurde
aber auch immer wieder heimgesucht. Um nur einige zu nennen: Die Ilyrer,
Römer, Hunnen, Türken, Magyaren, Schweden, die Bayern, Preußen
und die Franzosen, alle verwendeten das Tullnerfeld um zu plündern,
zu brandschatzen oder vielleicht auch nur zum Durchmarsch, aber alle
bereiteten der Bevölkerung unendliche Pein und Sorgen.
Diese Abhandlung soll die letzte schwere Prüfung des südlichen
Tullnerfelds während des zweiten Weltkrieges etwas näher
beleuchten.
Orientierung
Es ist allgemein bekannt, dass die moderne Raumfahrt auf jenen Untersuchungen
und Forschungen basiert, die von Wernher von BRAUN und Walter DORNBERGER
und ihren Mitarbeitern vor und während des 2. Weltkrieges angestellt
wurden. Außerdem ist in unserem Heimatbezirk bekannt, dass
in diesem Zeitraum eine beachtliche Menge an Einrichtungen von den
Deutschen im Tullnerfeld betrieben wurde.
Wie bei der älteren Bevölkerung sicher bekannt ist, befanden
sich beiderseits der Straße zwischen Trasdorf und Dürnrohr
größere militärische Anlagen.
Die bekanntesten dieser Anlagen waren wohl die Donau-Chemie in ihrer
damaligen Form und das Hydrierwerk Moosbierbaum, welche durch die massiven
Bombenangriffe der USAAF traurige Berühmtheit erlangten. Doch
Ziel dieser Angriffe waren nicht nur diese beiden Fabriken. Die Luftaufklärungen
der Alliierten haben noch andere Ziele nördlich von TRASDORF ausgemacht.
Zum einen betrieb man östlich der Straße ein Gefangenenlager.
Auf einem Teil dieses Lagers steht heute der Betrieb der Firma Gerhard
RAUCHGesmbH.
In diesem Lager befanden sich:
ein Bataillon russischer Kriegsgefangener mit einem Offizier als Kommandanten,
5 Unteroffizieren und 25 Soldaten als Wachen für die zirka 260
Russen und ein Bataillon Strafgefangene mit 3 Offizieren, 10 Unteroffizieren
und 30 Soldaten zur Bewachung der ca. 220 Gefangenen verschiedener
Nationalitäten.
Die Häftlinge dieser beiden Bataillone wurden je nach Eignung,
Verlässlichkeit und der Gefahr von Fluchtversuchen für verschiedene
Tätigkeiten herangezogen.
Hauptsächlich wurden sie in der Munitionssichtungsstelle SITZENBERG-REIDLING
verwendet, welche sich westlich der Straße nach Dürnrohr
befand. Auf diesem Gelände finden wir heute den Badeteich Trasdorf
und das Gemeindesammelzentrum. Die Anlage „Föhrensee" liegt
südlich außerhalb dieses Geländes. Andererseits fanden
einige Ausgesuchte in einem zweiten Lager Verwendung, dazu später
mehr.
Was hat das alles mit Raumfahrt zu tun? Nichts natürlich. Es
sollte nur eine Einführung in die örtlichen Begebenheiten
darstellen, eine geografische Groborientierung quasi, denn nur so kann
man sich eine räumliche Vorstellung über jene Einrichtung
machen, die hier eigentlich behandelt werden soll. In der nächsten
Ausgabe unserer Dorfzeitung finden Sie ein Luftbild der USAAF (United
States Army Air Force) und verschiedene Lagekarten.
Westlich und nordwestlich der Munitionssichtungsstelle befand sich
noch ein großes Lager,
Das A4/V2 Heimatlager „ISA-BELLA"
Übersichtskarte
mit dem Lager ISABELLA, der Minitionssichtungsstelle, dem Gefangenenlager
und dem Anschlußgleis zum Bahnhof Sitzenberg-Reidling
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