Moosbierbaumer
Dorfblatt'l. Unabhängige Moosbierbaumer Dorfzeitung
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Als wir noch zur Schule gingen2. Teil und Schluss Als wir noch zur Schule gingen, war vieles anders als heute Freundlichkeit war auch eine herausragende Eigenschaft unseres damaligen Direktors Heneis. Er wirkte immer ausgeglichen und ruhig, selbst wenn er manchmal die Stimme ein wenig erheben musste. Das war auch unter anderem der Fall, wenn sich ein Schüler wegen eines meist kleinen Verfehlens in der Direktion einzufinden - zu melden - hatte. Stets korrekt gekleidet, war Herr Heneis als Direktor in seiner von allen Schülern akzeptierten Autorität der Inbegriff oberster Instanz für alle Belange des Schulbetriebes. Na, und welcher seiner Schüler könnte sich nicht mehr an die Deutschstunden unseres Klassenvorstandes Herr Fachlehrer Fischer erinnern? Deutsch war mein Lieblingsfach in der Schule. Ich liebte es, Aufsätze zu schreiben und flunkerte in diesen Arbeiten das Blaue vom Himmel herunter. Herr Fachlehrer Fischer förderte zwar die Phantasie seiner Schüler, legte jedoch ebensoviel Wert auf Rechtschreibung und lehrte uns eindrucksvoll die Regeln der Grammatik. In einer für Kinder gut nachzuvollziehenden Logik führte er uns beispielhaft vor Augen, dass überall, wo man MIR, DIR oder MICH, DICH einsetzen konnte, jeweils der 3. oder 4. Fall am Zuge war. Unauslöschlich prägten sich Lehrsätze wie DA im Vorsatz, WEIL im Nachsatz" oder In einem WENN-Satz darf kein WÜRDE stehen" in mein Gedächtnis ein. Über die Rechtschreibreform wäre er sicher alles andere als glücklich! Herr Pfarrer Wagner, der viele seiner Schüler von klein auf kannte, unterrichtete uns in Religion. Obwohl er manchmal durchaus auch Spaß verstand, hielt er sehr viel von Disziplin und so mancher Bub aus unserer Klasse handelte sich mangels dieser eine sogenannte "Nuss" ein. Pfarrer Wagners schwarzer Priesterrock hatte unzählige kleine Knöpfe und ich weiß noch, dass ich damals überzeugt war, ein Pfarrer müsse mindestens eine halbe Stunde früher aufstehen als normale Menschen, allein schon wegen der vielen Knöpfe, die er zu schließen hatte. Das schönste an den Schulstunden waren auch damals schon - die Pausen! Diese Lichtblicke des Schulalltags wurden nur durch die Gangaufsicht getrübt! Ich weiß nicht, ob es heutzutage noch so etwas wie eine geregelte Gangaufsicht gibt, damals jedoch war sie fixer Bestandteil des Schulalltages. Kein Schüler rannte, schrie oder rempelte einen Mitschüler an, wenn Herr Fachlehrer Haas und Frau Dr. Ogertschnig gemessenen Schrittes ihres Aufsichtsamtes walteten. Soweit ich mich erinnern kann, unterrichtete auch Fachlehrer Haas in unserer Klasse aushilfsweise manche Stunden. Doch auch diese kurze Zeit ließ damals schon erahnen, dass er mit Sicherheit bei vielen seiner Schüler bleibende Eindrücke hinterlassen würde. Mit Ausnahme eines Jahres, in dem wir einer Englischlehrerin namens Anna Neugebauer zu einigen grauen Haaren verhalfen, unterwies uns Frau Dr. Ogertschnig souverän in Englisch, Geschichte und Kurzschrift. Die letzten Jahre vor ihrem Tod lebte sie zeitweise aus gesundheitlichen Gründen im Landespflegeheim Tulln und nahm gerne an den Literaturstunden teil, die ich damals im Heim abhielt. Anschließend saßen wir noch beisammen und plauderten angeregt über alte Zeiten und neue Ereignisse. Als wir noch zur Schule gingen, war vieles anders als heute Da gab es noch keine der jetzt üblichen drei Leistungsgruppen und die Schüler waren bis zum Schulabschluss eine Klassengemeinschaft. Außer, es blieb wer sitzen" oder es wurde nach der Volksschulzeit die Möglichkeit der 5. Klasse" gewählt. So besuchten auch einige unserer Schulkameraden - während wir in die Hauptschule gingen - bis Schulende diese Klasse bei Herrn Lehrer Pölzinger, der als Pädagoge und Mensch allgemein sehr beliebt war. Diese Form des Unterrichts ermöglichte es Schülern, den erforderlichen Lehrstoff - unter Weglassung des Faches Englisch - in etwas längeren Zeitabschnitten zu bewältigen und einen guten Schulabschluss zu schaffen. Ja, und was wäre eine Schule ohne Schulwart! Wir hatten das Glück, wunderbare Menschen dieses Berufsstandes um uns zu haben. Zum Beispiel Herrn Haslinger, der schon Jahre vor unserer Schulzeit mit seiner Frau im und um das Schulgebäude für Ordnung sorgte und für alle Probleme von uns Volksschülern stets ein offenes Ohr hatte. Später, in der Hauptschulzeit waren Herr und Frau Winkler die guten Geister des Hauses. Der kräftige Mann in seinem blauen Arbeitskittel brachte mit seinem ansteckenden Lachen viel Humor in den grauen Schulalltag. Seine Frau unterstützte ihn neben ihrer eigenen Hausarbeit und war auch immer für uns da, wenn wir Hilfe benötigten. So nähte sie manch abgerissenen Knopf wieder an unsere Kleider oder Mäntel und drückte bei allzu großer Lebhaftigkeit unsererseits mehr als einmal beide Augen zu. Manchmal denke ich noch an jenen Tag, an dem ich mich fiebrig und krank fühlte, aber nicht wagte, meinem Lehrer etwas zu sagen, weil an diesem Tag eine wichtige Schularbeit zu schreiben war. Doch Herr Winkler, selbst Vater dreier Töchter, sah meine fieberroten Wangen, befühlte kurz meine Stirn, nahm mich an der Hand und ging mit mir ins Konferenzzimmer. Auf seine gutmütige, polternde Art führte er ein Gespräch mit meinem Klassenvorstand und ich durfte nach Hause gehen. Herr Winkler, der inzwischen leider auch verstorben ist, wird wohl nie mehr an diese kleine Episode gedacht haben, für mich aber war sie von großer Bedeutung, zeigte sie mir doch die respektvolle Wertschätzung Menschen jeden Alters, die Herrn Winkler Zeit seines Lebens ausgezeichnet hat. Als wir noch zur Schule gingen, war vieles anders als heute Da schnäuzten wir uns noch in Baumwolltaschentücher, Dreißigjährige waren für uns alte Menschen, manche Schulstunde dauerte eine halbe Ewigkeit - und das Leben mit all seinen Abenteuern lag noch vor uns ...
Gaby Eder |
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