Moosbierbaumer
Dorfblatt'l. Unabhängige Moosbierbaumer Dorfzeitung
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ARMENHÄUSER Wo bittere Not und unvorstellbares Elend hausten Letzte Zufluchtsstätten unserer vom Schicksal verfolgten Vorfahren Kaum noch jemand weiß, daß es in unserer Gemeinde sogenannte
Armenhäuser gegeben hat. Niemand weiß mehr über die
Existenz von Bezirksarmenräten. Zeit, etwas Licht ins Dunkel
der Vergangenheit unserer Heimat zu bringen. Im 19. Jahrhundert kam es zu wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen. Die industrielle Revolution brachte eine neue gesellschaftliche Schicht von Menschen hervor: die der lohnabhängigen Arbeiter (sie wurden als Proletariat bezeichnet). Ihr einziger Besitz waren oft lediglich ihre Nachkommen. Das proletarische Leben war gekennzeichnet durch verschiedene Faktoren, wie häufige Arbeitsplatzwechsel, schlechte und ausbeuterische Arbeitsbedingungen, schlechte (durch Enge und fehlende Intimsphäre gekennzeichnete) Wohnbedingungen und unzureichende (fehlende) soziale Absicherung. Vorher, in der feudalistischen Wirtschaftsform, versorgten diejenigen, die sich nicht selbst versorgen konnten, entweder Großfamilien oder Nachbarn. Waren diese nach schlechten Ernten dazu nicht in der Lage versorgten die jeweiligen Lehnherren. Die, die herrenlos waren und kein Auskommen als Taglöhner oder Handwerker fanden, wurden dem Stand der Armen zugehörig betrachtet und von Almosen der Kirchgänger oder in kirchlichen Institutionen unterstützt. Nach dem Niedergang des Feudalismus verfiel diese Ordnung. Die besitz- und herrenlose Bevölkerung nahm immer mehr zu und führte zu Massenverelendung. Kommunale und staatliche Institutionen sahen sich gezwungen einzugreifen, da durch diese Massenverelendung eine Gefahr für Sicherheit und Ordnung bestand. Früher begegnete man dem Elend durch Mildtätigkeiten, nun mit Kriminalisierung. Das „Gesindel" sollte von der Straße verschwinden. Deshalb wurden für alle Hilfsbedürftigen, die nicht über unterstützungswillige Verwandte oder Herrschaften verfügten, Armenhäuser eingerichtet. An diese waren sehr oft Gefängnisse angegliedert.
In den Armenhäusern fand sich unvorstellbares Elend. Kinder, Alte und Gebrechliche, Verbrecher und Geisteskranke waren dort unter unwürdigsten Bedingungen untergebracht. Die staatliche Regelung für das Armutsproblem bestand darin, als Gemeinden und Gutsherren zur Versorgung verpflichtet wurden. Betteln wurde verboten und unter Strafe gestellt. Nur die Gemeinde, wo ein Hilfsbedürftiger beheimatet (meist geboren) war, war zur Unterstützung verpflichtet. Deshalb wurden viele Hilfsbedürftige entweder an ihre Heimatgemeinden verwiesen oder gar gewaltsam aus dem Land entfernt. Im Notfall wurden die Hilfsbedürftigen für eine Nacht versorgt, waren sie nicht reisefähig wurden den Heimatgemeinden die Aufwendungen in Rechnung gestellt. Die Großgrundbesitzer waren jedoch nicht lange gewillt, für die bei ihnen beheimateten Bauern oder Dienstboten zu zahlen, wenn diese in Schwierigkeiten gerieten. Die Gemeinden wurden angewiesen, sogenannte „Ortsarmenverbände" und gemeindeübergreifend “Bezirksarmenräte” zu gründen, die Notleidende unterstützten. Der nachfolgende Ausbau des Gesundheitswesens führt in weiterer Folge zur Sozialgesetzgebung und somit zur Herausbildung der bis heute gültigen Grundstrukturen der öffentlichen sozialen Arbeit (Jugendhilfe, Familienhilfe und Beihilfe zum Lebensunterhalt). |
• Eine kurze Geschichte der Zeit • Das sanfte Tal der Perschling
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