Moosbierbaumer
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Als wir noch zur Schule gingenAls wir noch zur Schule gingen, war vieles anders als heute Es ist seltsam, aber eines ist - denke ich - all die Jahre über unverändert geblieben: Jedes Schulgebäude besitzt eine gewisse, unverwechselbare Duftnote. Immer, wenn ich eine Schule betrete, leben deshalb alte Erinnerungen auf, und in Sekundenschnelle nehme ich diese eigenartige Atmosphäre wahr, all die vielen Wünsche und Zukunftsträume, die da in der Luft hängen, als seien auch noch so manche Ängste vergangener Schulgenerationen oder die Autoritäten einiger Lehrkräfte in geheimnisvoller Weise gegenwärtig.
Als wir noch zur Schule gingen, war vieles anders als heute Da standen die Schüler beim Eintritt der Lehrkraft auf und begrüßten sie mit einem langgezogenen „Grüüüß Gott!“. Erst nach dem täglichen Morgengebet, dem Vater unser, hieß es dann: „Setzen!“. Es wäre undenkbar gewesen, nach der letzten Schulstunde einzeln das Klassenzimmer zu verlassen. Nein, da hatten wir uns unter Aufsicht des jeweiligen Lehrers in Zweierreihen aufzustellen und mussten geschlossen - ohne zu tratschen - die Stiege hinunter ins Erdgeschoß gehen. Dort verabschiedeten wir uns wieder mit einem lauten „Grüüüß Gott“. Dann erst durften wir ins Freie stürmen. Als wir noch zur Schule gingen, war vieles anders als heute Da hatten manche Lehrer während des Unterrichts noch graue Lehrermäntel an. Auch in der ersten Hauptschulzeit wurden den Mädchen noch von ihren Müttern dicke Zöpfe geflochten und sie trugen im Allgemeinen weitschwingende Kleider mit gezogenenen oder in Falten gelegten Röcken. Die Buben steckten meist in Lederhosen oder Knickerbockern und hatten handgestrickte Pullover oder Westen an. In der 3. oder 4. „Haupt“ meldete sich auch bei uns die Pubertät. Bis auf wenige Aus-nahmen waren wir Mädchen damals körperlich nicht so früh entwickelt wie heutige Hauptschülerinnnen. Doch mit Watte konnte man die wenigen Rundungen etwas „nach-modellieren“. Das zog natürlich so manchen Bubenblick auf diese bewussten Stellen, was wiederum rote Mädchenwangen und Gekicher zur Folge hatte. Als wir noch zur Schule gingen, war vieles anders als heute Margarine oder Schmalzbrote waren unsere tägliche Jause und Schulmilch unser Getränk. Bis heute kann mir keiner erklären, warum das mitgebrachte Brot in der Pause nie so gut schmeckte, wie heimlich gegessen während des Unterrichts. Diese Kunst des unauffälligen Essens konnte bei den Geübtesten soweit gehen, dass sie dem Lehrer in die Augen schauen konnten, während eine Hand im Bankfach ein Stück Brot abbrach, und die andere mit einer „zufälligen“ Bewegung den Mundbereich so kaschierte, dass keinerlei Kaubewegung zu erkennen war. Die meisten unserer Lehrer sind zwar schon gestorben, in meiner Erinnerung leben sie dennoch weiter. Manches Mal frage ich mich im Stillen, was wohl unser Musiklehrer Stawars heute zur sogenannten volkstümlichen Musik sagen würde, er, der echte Volksmusik so liebte und schätzte. Da er nicht nur Musik, sondern auch Zeichnen unterrichtete, durften wir unsere Liederhefte mit bunten Zeichnungen ausschmücken. Mein altes Liederheft bewahre ich noch heute sorgfältig auf. Auch Herr Fachlehrer Heidenreich mit seinem grauen Lehrermantel ist mir gut im Ge-dächtnis geblieben! Der Mann konnte kopfrechnen - direkt unheimlich war das! Dieses Mathematikgenie besaß mit Sicherheit auch hellseherische Fähigkeiten, denn wie ein präzise abgeschossener Pfeil fand sein Blick diejenigen, die nichts gelernt hatten oder etwas verbergen wollten! So richtig genießen durften wir aber jedesmal seine letzte Unterrichtstunde vor den großen Ferien. An solchen Tagen hatte er seinen Lehrermantel abgelegt und sah in seiner grünen Zippverschlussweste selbst für Schüler ungefährlich aus. Herr Fachlehrer Heidenreich konnte unnachahmlich Witze erzählen und war am Schulschluss von einer väterlichen, fast unheimlichen Nachsicht mit unserem Übermut. Tja, unter dem Übermut seiner Schüler hatte leider Herr Dr. Othmar Foschum am meisten zu leiden. Es war zwar eine willkommene Abwechslung für uns, ihm seine Ak-tentasche vom Konferenzzimmer in die Klasse zu tragen oder ihm beim Zurückbeför-dern der ausgestopften Vögel ins Naturkundekammerl behilflich zu sein, doch ebenso abwechslungsreich gestaltete sich auch der Naturkunde- und Naturlehreunterricht, wenn dieser durch die Schüler - Buben waren da besonders einfallsreich - eine, na sagen wir, gewisse Eigendynamik entwickelte. Viele Jahre nach Ende der Schulzeit lernte ich Dr. Foschum erst richtig kennen. Er war ein außergewöhnlich kluger und liebenswerter Mensch, der sich mit Sicherheit mehr Wertschätzung seiner Schüler verdient hätte. Doch wie es so ist im Leben, vieles merkt man erst, wenn es fast zu spät ist ... Als wir noch zur Schule gingen, war vieles anders als heute Auf die Berufsausbildung der Mädchen wurde damals in der Regel weniger Wert gelegt als auf die der Buben, und sogenannte „höhere Schulen“ waren sowieso nur wenigen Kindern vorbehalten. Obwohl die Rollenverteilung meist so aussah, dass Burschen das Fach Geometrisch-Zeichnen belegten und Bastelunterricht hatten, während wir Mädchen Kochen und Handarbeiten lernten, gab es in unserer Klasse einen Buben, der unbedingt am Haus-wirtschaftsunterricht teilnehmen wollte und dies auch durfte. Ich hoffe nur, dass er die erlernten Fähigkeiten auch in seinem späteren Leben genützt und beibehalten hat! Das tiefe, fröhliche Lachen von Frau Fachlehrer Mock, die uns Mädchen in Handarbeiten und Hauswirtschaft unterrichtete, ist mir ebenfalls gut in Erinnerung. Noch heute besitze ich ein gehäkeltes rosa Babyjäckchen, zu dem einst ein viel zu großes Häubchen gehörte, das mir aber im Laufe der Jahre abhanden gekommen ist. Frau Mock bewahrte sich auch später ihr heiteres Wesen, selbst während ihrer stetig fortschreitenden Krankheit. Obwohl sie mich bei meinen letzten Besuchen im Altersheim nicht mehr als ehemalige Schülerin einordnen konnte, begrüßte sie mich jedesmal herzlich und freute sich sichtlich über mein Kommen. Ja, Freundlichkeit war auch eine herausragende Eigenschaft unseres damaligen Direktors Heneis. Er wirkte immer ausgeglichen und ruhig, selbst wenn er manchmal die Stimme ein wenig erheben musste. Das war unter anderem auch dann der Fall, wenn sich ein Schüler wegen eines kleinen Verfehlens in der Direktion einzufinden - zu melden - hatte. Stets korrekt gekleidet, war Herr Heneis als Direktor in seiner von allen Schülern akzeptierten Autorität der Inbegriff oberster Instanz für alle Belange des Schulbetriebs. Schluss
im nächsten Heft |
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