Moosbierbaumer Dorfblatt'l. Unabhängige Moosbierbaumer Dorfzeitung
Jahrgang 6 • Ausgabe 16 • April 2004

 

Eine kurze Geschichte der Zeit

... oder wie unsere Altvorderen wieder lebendig werden

Ein Streifzug durch die Sitzungsprotokolle der Gemeinderatssitzungen des Jahres 1921.

von Anton Müllner

Das Hauptthema der Gemeinderatssitzung vom 2. April 1921 war wieder die Gemeindetrennung. Der Streit der Vertreter von Moosbierbaum und Heiligeneich gegen die Atzenbrugger fand seine Fortsetzung.

„In Fortsetzung der Beratung über die Trennung der Gemeinde Vermögens und der Lasten ergibt sich daß eine Einigung nicht zu erzielen ist. Uiber nachträgliches Erscheinen der Gemeinderäte Dr. Lanz und Marschall wird im allseitigen Einverständnisse die Beratung neuerlich aufgenommen. Die Gemeinderäte aus der Katastralgemeinde Moosbierbaum (mit Heil Eich) beantragen diese Trennung von Vermögen und Lasten nach dem Schlüssel der heutigen Umlagenleistung, daß wäre ungefähr je zur Hälfte vorzunehmen. Die übrigen Gemeinderäte sind gegen diese Ansicht weil zur Zeit da das heutige Vermögen erworben wurde ein wesentlicher Unterschied in der beiderseitigen Umlageleistung bestand und die Aufteilung nach dem heutigen Umlagenschlüssel nur bezüglich der noch in den letzten Jahren erworbenen Arztenshäuser gerechtfertigt wäre.

Außerdem müßte in der Zukunft ein Teil der von der Pulverfabrik Skodawerke Wetzler A-G. in Moosbierbaum geleisteten Umlagen der künftigen Ortsgemeinde Atzenbrugg auch für die Zukunft zugewiesen werden weil nicht nur Grundbesitzer aus Atzenbrugg, Weinzierl & Ebersdorf Grundbesitz zum Zustandekommen der Pulverfabrik opfern mußten, sondern auch eine Reihe von Fabriks Arbeitern in diesen Katastralgemeinden wohnen und durch ihre Arbeit zur Umlageleistung der Fabrik beitragen.

Dies letztere Ansicht wird von den Gemeinderäten aus Moosbierbaum (mit Heil Eich) als unberechtigt rundweg abgelehnt. Da somit im Gemeinderat eine Einigung neuerlich nicht erzielt werden kann wird beschlossen die beiden Protokolle der n.ö. Landesregierung vorzulegen und hierüber zur weiteren Tagesordnung überzugehen. Herr Gemeinderat Wilhelm Peter legt eine Erklärung der Heil Eich Moosbierbaum Interessenten vom 16. März 1921 mit dem Ersuchen sie dem Protokoll beizuschließen.“

Das waren die letzten Sätze, die über die unendliche Geschichte „Gemeindetrennung“ in den Protokollen zu finden sind. Warum es nicht zur Abtrennung gekommen ist, verliert sich im Dunkel der Geschichte. Wahrscheinlich wollte die Landesregierung ohnehin nicht zwei Zwerggemeinden entstehen lassen - und spätestens im Jahre 1972, in welchem die Gemeinden Atzenbrugg und Trasdorf vereinigt wurden, wäre alles wieder hinfällig gewesen!

Ohne große Debatten wurden die Punkte der folgenden, am 16. April 1921 stattfindenden Sitzung beschlossen:

„Die Regulierung des Hüttelbaches wird dahin erledigt, daß einstimmig beschlossen wird, diese Arbeit den laufenden Meter zu 70 Kronen dem Franz Satzer zu übertragen.“

„Weiters wird für die Brotpreise von 8 K per Laib ab 11/4 1921 nachträglich genehmigt.“

„Wegen Fleischversorgung der Gemeinde wird beschlossen, einen höheren Einkaufspreis zu lassen unter der Bedingung, daß nach der Schlachtung das Fleisch vom Bürgermeister oder dessen Stellvertreter im Konsumentenvertreten gewogen und ausstatuiert wird. Der Preis kann sich zwischen 140 und 150 Kr. bewegen.“

„Weiters wird beschlossen die Hälfte der bei Wurstbauer herzustellenden Fensterkreuzer zu zahlen.“

Der Brückenbau über die Perschling von Weinzierl und Ebersdorf stand auf der Tagesordnung der Sitzung vom 27. Juni 1921.

„Sohin werden die Kostenüberschläge der Brücken von Weinzierl und Ebersdorf vorgelegt.“

„Herr Oberlehrer Wilhelm Peter beantragt vorerst durch den Landesausschuß die rechtliche Frage beantworten zu lassen ob zum Brückenbau die Ortsgemeinde oder die beteiligten Katastralgemeinden verpflichtet.“

„Sollten die KG. zum Bau verplichtet sein, so beantragt er die den auf die nicht beteiligten KG. entfallenden Brückenbetrag in Form einer Subvention zu geben, damit, wenn wieder ein Brückenbau notwendig sein sollte, nicht die ganze Ortsgemeinde hiezu verpflichtet erscheint.“

Die Finanzierung dieser Brückenbauprojekte ist laut Protokoll der Sitzung vom 20. August 1921 noch immer nicht gesichert.

„Betreff Herstellung der Brücken in Weinzierl und Ebersdorf wird beschlossen diese Angelegenheit bis endgiltiger Aufbringung der Mittel zu vertagen.“


Schindelmühlbrücke bei Weinzierl

„Weiters wird beschlossen die Staatsanleihe per 100 000 Kronen zu verkaufen.“

„Für die Reichsorganisation der Kriegsbeschädigten wird ein Betrag von 100 K bewilligt.“

„Ferner wird beschlossen für Herrn Dr. Max Goldner anläßlich seines 25 jährigen Jubiläum als Gemeindearzt bei der Landesregierung anzusuchen, damit ihm der Titel Medizinalrat verliehen.“

Ebenfalls ums Finanzielle ging es in der Sitzung vom 2. September 1921:

„Es wird sohin beschlossen, bei der Sparkasse Atzenbrugg den Betrag per 2 Millionen aufzunehmen um endlich die Beleuchtungsanlage fertig stellen zu können.“

„Weiters wird beschlossen, Herrn Alois Marin als Beamten für die Lichtanlage anzustellen und ihm ab 1. September 1921 einen monatlichen Gehalt von 2000 K und für geleistete Arbeit bisher eine Remuneration von 1000 K zu bewilligen.“

„Das Ansuchen des Stefan Weyda um Aufnahme in den Heimatverband wird dahin erledigt, daß einstimmig beschlossen wird denselben gegen Zahlung eines Betrages von 1000 Kronen das Heimatrecht verliehen wird.“

Ein paar Tagesordnungspunkte aus der kurzen Gemeinderatssitzung vom 31. Oktober 1921:

„Dem Ansuchen des Gemeindedieners Karl Zischkin um Beistellung von ein paar Halbstiefel wird Folge gegeben.“

„Weiters wird beschlossen, das dem Sekretär Iseppi ab 1/11 921 ein monatlicher Gehalt von 4000 K bewilligt wird.“

„Herr Josef Engelhart stellt den Antrag daß beschlossen wird, das lagern von herumziehenden Leuten in der Ortsgemeinde Atzenbrugg zu verbieten. Der Antrag wird einstimmig zum Beschluß erhoben.“

Im Folgenden der volle Wortlaut der Sitzung vom 30. November 1921:

„Der Vorsitzende Bürgermeister Anton Rabacher konstatiert die Beschlußfähigkeit, begrüßt die anwesenden Mitglieder der Gemeinde Vertretung und erklärt die Sitzung für eröffnet.“

„Erster Punkt der Tagesordnung ist die Beschlußfassung über die Stellungnahme gegen die Auflösung des Bezirksgerichtes.“

„Die anwesenden Gemeinderäte nehmen die von der anläßlich des heutigen Amtstages vom Bezirkshauptmann Hofrat Diler schriftlich abgegebenen Erklärung, wonach die Gemeinde Atzenbrugg gegen die Auflösung des Bezirksgerichtes ist, genehmigend zur Kenntnis und beauftragen den Bürgermeister eine gleiche Erklärung an das Bezirksgericht Atzenbrugg zu richten.“

„Die Satzungen der Freiwilligen Feuerwehr der Pulverfabrik werden genehmigt.“

Die Auflassung des Bezirksgerichtes Atzenbrugg wirft bereits ihren Schatten voraus. Der Gemeinderat wehrt sich dagegen, aber es hilft nichts, ein paar Jahre später war es nicht mehr zu verhindern.

Anmerkung des Verfassers:

Sätze, welche unter Anführungszeichen gesetzt und kursiv geschrieben werden, sind Originalzitate aus den Gemeinderatsprotokollen und vom damaligen Sekretär Adolf Iseppi so niedergeschrieben - es sind daher keine Rechtschreibfehler im heutigen Sinne!

Wird fortgesetzt