Moosbierbaumer Dorfblatt'l. Unabhängige Moosbierbaumer Dorfzeitung
Jahrgang 2 • Ausgabe 4 • Mai 2000
 

"WIE WAR DER SOMMER DOCH SO SCHÖN,,,"
Am 13. April 2000 legte Leopold Galla für immer seine Gitarre aus der Hand...
von Alfred Fröhlich

Im Jahr 1905 wurde in der kleinen Weinviertler Ortschaft Röschitz Leopold Galla geboren und wuchs im Familienverband mit 6 Geschwistern auf. Viel zu früh verstarben die Eltern. Als Berufsziel hatte Leopold Galla immer den Beruf des Lehrers vor Augen, aber die teure Ausbildung dazu konnten sich seine Eltern nicht leisten.

In Hallstatt absolvierte er die Künstlerklasse der Holzfachschule und entdeckte sehr früh seine künstlerische Ader, denn bereits damals schrieb er schon Lieder. Eines seiner schönsten Lieder, "Die Mühle", entstand in dieser Zeit.

Um 1928/1929 trat er der damals noch verbotenen NSDAP bei und verpflichtete sich zur SS, wo er bis Kriegsende blieb. Um 1930 heiratete er das erste Mal. Aus dieser Ehe entsprossen zwei Töchter. Während der Kriegswirren kam es zur Scheidung dieser Ehegemeinschaft. Um 1940 kam Leopold Galla nach Moosbierbaum, wo er seine 2. Frau kennenlernte. Der zweiten Ehe entsprossen Tochter Neidrun und Sohn Walter. Nach Kriegsende wurde Leopold Galla nach Glasenbach, einem Resozialisierungslager, in Kriegsgefangenschaft gebracht.

1948 kehrte er nach Moosbierbaum zu Frau und Schwiegereltern zurück - ohne Arbeit, ohne Ausbildung und aufgrund seiner vormaligen politischen Einstellung von seinen Mitmenschen verfemt und angefeindet. Hier in Moosbierbaum, im Haus Nummer 22 (Kotoun) arbeitete er im dortigen Geschäft seiner Schwiegereltern, einem Fachgeschäft für Fischereigeräteerzeugung, mit. Nebenbei arbeitete er auch als Hilfsarbeiter in der Donau Chemie in Pischelsdorf und in Wien als Lagerarbeiter in einer Fischereigeräteerzeugerfirma mit. Seine Frau verdiente als Sekretärin ebenfalls dazu.

So konnte er sich einen Traum erfüllen und den schwiegerelterlichen Betrieb von Moosbierbaum nach Heiligeneich verlegen. Ein Baugrund mit angrenzendem großen Garten wurde gekauft und aufgrund der finanziellen Begebenheiten sehr viel mit eigener Kraft geleistet (die Grundfestung für das Haus wurde, wobei ihm viele Freunde halfen, händisch gegraben). 90 Obstbäume pflanzte Leopold Galla ebenfalls eigenhändig in seinem großen Garten.

Seit seiner Kindheit war Leopold Galla ein begeisterter Turner und Volkstänzer gewesen und so konnte er zu seiner großen Freude aus den Beständen der ehemaligen Turnunion der Moosbierbaumer Fabrik ein altes gebrauchtes Turn-Pferd ergattern.

Sattlermeister Marschall aus Weinzierl bespannte das Turngerät neu mit Leder und somit wurde dieses Trainingsgerät zum Symbol für die Gründung eines örtlichen Turnvereins, dem noch viele andere leibesertüchtigende Vereine folgen sollten.

Alsbald jedoch machten sich bei Leopold Galla die Spätfolgen seiner Tätigkeit im Fischereigerätefachgeschäft bemerkbar - Perlmuttschleifarbeiten zur Herstellung von Blinkern zur Fischköderung sind äußerst schädlich. Die Giftstoffe setzten sich in den Knochen ab und waren verantwortlich für vorzeitige Verschleißerscheinungen. Leopold Galla wurde gehbehindert, leitete aber trotzdem den Turnverein weiter.

Daneben begann er zu schreiben und Theater zu spielen. In der ehemaligen Seilerei Indinger in Heiligeneich bauten er und seine Helferinnen und Helfer eigenhändig aus Verpackungsmaterialen von der Baustelle des AKW Zwentendorf eine Bühne. Das erste Stück, das dort aufgeführt wurde, hieß "Spanische Fliege".

Der nimmermüde kunstschaffende Leopold Galla wollte aber seinen Wirkungsbereich vergrößern, wollte auch außerhalb der Gemeinde tätig werden. So schrieb er den "Mondseer Jedermann", nicht zu vergleichen mit dem "Salzburger Jedermann", in Tullnerfelder Dialekt um und hatte damit große Erfolge mit Aufführungen nicht nur vor dem Schloß Atzenbrugg, sondern auch in Zwentendorf an der Donau, Kasten und Pyhra. Mit Stolz durfte er für sich in Anspruch nehmen, der erste gewesen zu sein, der "Jedermann" in Niederösterreich jemals aufgeführt hatte. Mittlerweile sind schon viele auf den Zug aufgesprungen und das Stück wird bereits sehr oft in Niederösterreich gespielt - Leopold Galla jedoch leistete dazu die Pionierarbeit! Neben seiner Vorliebe zum Theaterspiel fand Leopold Galla im über die Grenzen hinaus bekannten und beliebten Zwentendorfer Heimatdichter Brachmann einen wesensgleichen Weggefährten - auch Brachmann war, wie er selbst, gehbehindert.

Leopold Galla begann Gedichte Brachmanns zu vertonen und nahm die Lieder in seinem eigenen Tonstudio zu Hause auf. Alle Einnahmen aus dieser musikalischen Tätigkeit stellte Leopold Galla, obwohl er sie selbst auch gut hätte gebrauchen können, Behindertenwerkstätten zur Verfügung.

Gemeinsam mit anderen kunstbeflissen Freunden begann er auch Lesungen abzuhalten. So manchen, anfänglich noch zaudernden, Künstlerfreund überredete er zum großen Auftritt vor interessiertem Publikum - anerkennender Applaus war der Lohn dafür.

Mit fortschreitendem Alter mußte Leopold Galla jedoch neben dem frühen schicksalhaften Tod seiner Gattin einen weiteren sehr schweren Schicksalsschlag hinnehmen: sein Augenlicht begann zu verblassen.

Für einen visuellen Künstler eine entsetzliche Offenbarung! Dermaßen behindert in seiner künstlerischen Tätigkeit begann sich Leopold Galla immer mehr zurückzuziehen, haderte jedoch nicht mit seinem Schicksal, nahm es tapfer zur Kenntnis und lebte danach.

Seinem Sohn Walter ließ Leopold Galla sehr viel Freiraum und hat ihn nie irgendwie eingeschränkt. Auf seine Art wird Walter Galla das Werk seines Vaters weiterführen.

Im November 1999 noch veröffentlichte der 94-jährige Künstler Leopold Galla einen Gedichtband, dessen Titel so wundervoll bezeichnend für sein Leben ist: „Wie war der Sommer doch so schön" beinhaltet eine Vielzahl ausgewählter Gedichte voll Poesie und tiefgehendem seelischem Empfinden.

Am 13. April 2000 hat Leopold Galla für immer seine Gitarre beiseite gelegt und seine Stimme ist leider für immer verstummt.

Er wird uns fehlen, der alte Herr mit den Krücken und den dicken Brillen, der soviel Lebensmut auszustrahlen imstande war, und wir werden ihn nie wieder, tapfer sein Schicksal meisternd, langsam Schritt für Schritt durch Heiligeneich gehen sehen. Unsere Heimatgemeinde ist um ein liebenswertes Original ärmer geworden.

So manches Kind fragte einst: "Wer ist dieser Mann"? Damit er nicht in Vergessenheit gerät und als Antwort auf viele Fragen hat ihm der Autor hier ein Denkmal gesetzt. Wir werden ihn nie vergessen, „unseren" Herrn Leopold „Peter" Galla!

WO LIEG N DE G SCHEITESTEN LEUT' BEISAMM!??

Am Friedhof lieg 'n de g'scheitesten Leut'!
Sie woll'n nix mehr wiss'n, von Hader und Streit.
Woll'n nix mehr wiss'n von der blöd 'n Politik,
auch nix mehr von Partys und Picknicks...!
Mensch, da drob 'n, tua was dazua!
Nur manchmal - da wern 's a bisserl aufgschreckt,
da-beim Nachbar-ham s wieda a Grab aufdeckt.
Da kommt wieda ana dazua. Nachbar - gib ' ruah!
In dreiviertl Stund'n-is alias vorbei.
Vorher gibt's no a große und a kloane Läuterei!
Dann singans a Liead, dann machts dreimal Bum-Bum-Bum!
Vom „Guten Kameraden" singan 's a no a Trum...
Und dann is-ob Kind-Frau-oder Mann
dann - is a ganzes Leb 'n vertan!

Nach dem Begräbnis eines guten, lieben Bekannten, Herrn Leopold Resch senior, Moosbierbaum.
Heiligeneich, 20.3.1993 Leopold Galla (†)


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