Moosbierbaumer Dorfblatt'l. Unabhängige Moosbierbaumer Dorfzeitung
Jahrgang 9 • Ausgabe 25 • April 2007

 

Sprachliche Ver(w)irrungen

Vor einiger Zeit schrieb der bekannte Kolumnist „Telemax“ (Robert Löffler, übrigens in Kirchberg amWagram beheimatet) in der „Kronen-Zeitung“ einen Artikel, das neue Anti-Stalking-Gesetz betreffend. „To stalk“ kommt aus dem Englischen und bedeutet eigentlich „nachpirschen“, „beschleichen“ und wird ähnlich wie „Stock“ ausgesprochen. Dadurch könnten Leute, die kein Englisch verstehen, auf den Gedanken kommen, dass sich das Gesetz nicht gegen beharrliche Belästiger, sondern gegen Verfolger, die auf das Opfer mit einem Stock losgehen, richtet. Wie Recht Telemax mit seinen sprachlichen Beobachtungen hat, wurde uns in meinem Lokal vorgeführt. Vor ein paar Wochen trug sich dort folgende, wahre Begebenheit zu:

Wieder einmal, so wie jeden Wochentag, hatte sich am frühen Abend eine kleine
Gruppe rund um die Schank versammelt. Nur unser Golfplatz-Maurer fehlte. Sein rotes Maxi-Moped stand einsam vor der Tür. Großes Rätseln in der Runde. Wo ist denn der Stockinger-Klodi?

„Er wurde von seinem Chef auf den neuen Golfplatz nach Goldegg geschickt und fährt zum erstenmal in seinem Leben mit der Eisenbahn.“ Großes Hallo, als sich wenig später die Tür öffnete und der Klodi hereinkam. Fuchsbauer-Poldl, ein ÖBBler, empfing ihn gleich mit der Frage: „Nau, oider Wöllnplocherer*, wie war denn das Zug fahren?“

Darauf Klodi: „Ös deppaten Eisenbauner seid´s ja z´bled, um de Stationen richtig aunzusogn.“

Fuchsbauer: „Wiaso, de Chris Lohner sogt´s eh laut und deitlich.“

Klodi: „Host an Vogl? De sogt jo bei jeda Hoitstöll GNEIXENDORF an.“

Fragende Blicke gingen durch die Runde. „Klodi, wos sogt de genau?“

„Nau, nächster Halt Gneixendorf - Getzersdorf, nächster Halt Gneixendorf - Traismauer, nächster Halt Gneixendorf - Gemeinlebarn.

Schallendes Gelächter dann auf die Erklärung vom Fuchsbauer: „Du Depp, des haaßt net Gneixendorf, de sogt NEXT STOP!“

Ein wenig rehabilitiert wurde der kleine Maurer dann durch den Keiblinger-Fredl,
einem alten Pendler: „Stellt euch vor, als ich neulich von Wien rausfuhr, fragte mich meine Sitznachbarin, eine ältere Dame: „Wieso sagen die bei jeder Station Gneixendorf an?“

Soviel zu Stalking/Stocking/Stockinger.

Dazu noch ein paar Überlegungen:Warum muss auf Nebenlinien unbedingt dieses harte„NEXT STOP“ nach „Nächster Halt“ angesagt werden? Wird damit nicht die Intelligenz ausländischer Reisender krass unterschätzt?

Und: Wieso werden dabei die niederösterreichischen Ortsnamen immer beharrlich
falsch betont (wie übrigens im ORF auch)?
Beispiele: Judenau statt Judenau, Herzogenburg statt Herzogenburg,
Wilhelmsburg statt Wilhelmsburg etc.

In letzter Zeit bürgert sich auch die Unsitte ein, Dürnrohr anstatt Dürnrohr zu sagen, und das nicht nur bei jungen Leuten!Manche beginnen auch schon, den Namen unserer Heimatgemeinde falsch zu betonen, nämlich Atzenbrugg statt Atzenbrugg ...


* Erklärung zum Ausdruck „Wöllnplocherer“, dem Spottnamen der alten Moosbierbaumer für die Zwentendorfer:
Eine Ploche war eine Glattwalze, bestehend aus einem Baumstamm (Bloch), der hinter einem Pferd (später Traktor) nachgezogen wurde, um die Saat besser keimen zu lassen. Wellenplocherer hieß eben, die (Donau-) Wellen glattzuwalzen.
Ich hörte diesen Ausdruck des öfteren vom alten Fuchsbauer, wenn der dicke Sammer-Fritz wieder einmal in Moosbierbaum einkehrte. „Nau, Fritz, oider Wöllnplocherer, fohrst scho wieda noch Bierbam, Zug aunschaun?“