Moosbierbaumer Dorfblatt'l. Unabhängige Moosbierbaumer Dorfzeitung
Jahrgang 7 • Ausgabe 19 • April 2005

 

Frau Silvia Ganser, Behindertenfachbetreuerin aus Trasdorf,

Silvia Ganserwird uns heute einen ganz normalen Arbeitstag im Behindertenwohnhaus „Wonder Mohnl Heim“ in Maria Ponsee schildern. Dieses Haus wurde Ende 1996 auf Initiative des ehemaligen Bürgermeisters Josef Mohnl aus Zwentendorf und der Frau Ruth Wonder aus Wien gegründet und wird vom Verein „Balance“ (Verein für Integration und Chancengleichheit von Menschen mit Behinderung) geführt.
24 Bewohner, davon 14 Rollstuhlfahrer, werden in zwei Gruppen betreut.
29 Angestellte kümmern sich um das Wohl dieser Menschen. Elf Betreuer machen Turnusdienst, so dass die Pflege rund um die Uhr gewährleistet ist.

Sechs Uhr früh. Hintereinander beginnen zwei Handys zu läuten - eines könnte ich ja überhören! Endlich raffe ich mich dazu auf, die Morgentoilette zu machen, als Nachtmensch kommt man halt schwer aus dem Bett.

Wie immer ist die Zeit knapp - schnell hinein ins Auto und in wenigen Minuten treffe ich im Heim ein.

Um sieben Uhr beginnt meine Arbeit mit der Dienstübergabe. Dann helfe ich jenen Heimbewohnern, die keine Hilfe beim Aufstehen und Anziehen benötigen beim Einnehmen des Frühstücks.

Jetzt beginnt auch die Betreuung der Rollstuhlfahrer, das ist Hilfe beim Aufstehen und Duschen. Nach der Inkontinenzversorgung helfe ich ihnen beim Ankleiden. Beim Zähneputzen merke ich oft schon, wie sie sich auf das Frühstück freuen.

Wenn alle mit dem Frühstücken fertig sind, teile ich die Medikamente aus, dann beginne ich schon mit der Vorbereitung des Mittagessens. Wir bereiten das Essen in einer Kochecke im Speisesaal zu und daher ist es für die Bewohner immer ein besonderes Vergnügen, uns bei der Zubereitung zuzusehen. Manche freuen sich auch, wenn sie uns dabei helfen können.

Jetzt werden die Plätze beim Mittagstisch eingenommen. Das Essen wird verteilt und von uns mundgerecht zugeschnitten, ein Lätzchen wird umgehängt und so mancher muss auch gefüttert werden. Danach ist wieder Medikamentenausgabe, Geschirr wird weggeräumt und abgewaschen.

Am frühen Nachmittag müssen wieder bei einigen die Windeln gewechselt werden und WC Gänge werden erledigt.

Jetzt folgt endlich eine kurze Pause für uns Betreuer, die wir zur Entspannung nutzen.
Inzwischen ist es 15 Uhr geworden und es gibt Kaffee und Kuchen für unsere Heimbewohner.

Die Zeit bis zum Abendessen wird für eine Einkaufsfahrt oder einen kleinen Ausflug mit unserem hauseigenen Kleinbus genützt.

Der Betreuer, der im Haus bleibt, spielt mit den Zuhausegebliebenen verschiedene Spiele, wie zum Beispiel „Mensch ärgere dich nicht“, „Fang den Hut“ oder das Kartenspiel „Uno“.

Schnell ist die Zeit vergangen, und wir müssen wieder das Abendessen vorbereiten.
Um halb sechs wird gegessen und anschließend werden wieder die Medikamente ausgeteilt. Danach folgen wieder WC Gänge.

Einen Bewohner muss ich auf dessen Wunsch in einen Liegerolli umlegen, damit er selber fahren kann.

Der Abend ist angebrochen und das Bett ruft auch für einige unserer Bewohner. Davor muss aber noch die Abendtoilette erledigt werden. Zähneputzen, waschen, Windeln wechseln steht auf dem Programm. Zuletzt wird noch der Pyjama angezogen.

Jeder Bewohner besitzt ein Einzelzimmer mit eigenem SAT-Fernseher und kann noch einige Zeit fernsehen.

Endlich ist mein langer Zwölf-Stunden-Dienst zu Ende, denn um 19 Uhr erfolgt die Übergabe an den Nachtdienst, der die weitere Betreuung übernimmt.

Schnell geht es nach Hause unter die Dusche und ich freue mich schon auf das Abendessen, das mein Mann für mich zubereitet hat. Gemeinsam mit der Familie wird dieses eingenommen und ich bin froh, wenn ich meine Lieben endlich wieder um mich habe.

Hie und da fällt auch Wäschewaschen an, aber die meiste Zeit kann ich mich doch entspannen, so wie heute, wo ich mit meinem Mann vor dem Fernseher sitze und endlich den Pullover, den ich schon vor längerer Zeit begonnen habe, fertigstricke.

Aber dazwischen kommt wieder einmal mein Sohn, der am nächsten Tag Schularbeit hat und bittet mich, ihn zu prüfen.

Später, bei einem guten Glas Rotwein mit meinem Mann, besprechen wir noch verschiedene familäre Dinge und planen den nächsten Tag.

Da ich ein Abendmensch bin, ist mein Tag noch nicht zu Ende. Mein Hund Nicki erinnert mich daran, denn dieser will noch einmal an die frische Luft! Eine gute Gelegenheit für mich, eine Zigarette zu genießen, da ich in meiner Wohnung striktes Rauchverbot habe.

Jetzt ist es wirklich Zeit, schlafen zu gehen - Waschen, Zähneputzen, und dann ab ins Bett, um ins Land der Träume zu entschwinden ...

Name: Silvia Ganser
Geboren: 14. Februar 1962 in Wien VI.
Sternzeichen: Wassermann
Wohnhaft: Hofkreuzsiedlung 11, Trasdorf
Beruf: Behindertenfachbetreuerin
Ehegatte: Hermann Ganser, Steinmetz in Tulln
Eltern: Maria Sindelar, geb. Größl, pens. Druckerin und Johann Sindelar, pens. Maler und Anstreicher aus Wien
Bruder: Günter Sindelar
Kinder: Silvio (21), Koch und Kellner und Christoph (16), Tourismusschüler
Werdegang: Volksschule, vier Jahre Bundesrealgymnasium, ein Jahr Bundeshandelsschule in Wien. Lehre als Industriekaufmann bei Steyr Daimler Puch. 16 Jahre Hausbesorgerin in Wien. 1989 Heirat, 1992 Baubeginn in Trasdorf, Umzug 1996. Seit 1. 9. 1997 beim Verein Balance. 2000 - 2002 Ausbildung zur Behindertenfachbetreuerin bei der Caritas
Hobbies: Lesen, Stricken
Traumurlaub: Kreuzfahrt
Stärken: Zielstrebigkeit, Ehrlichkeit, Toleranz
Schwächen: immer in Zeitnot
Lieblingsmusik: Schlager
Lieblingschauspielerin: Romy Schneider
Lieblingsfarbe: grün
Lieblingsblume: Nelke
Lieblingsspeise: Schweinsbraten mit Knödeln
Lieblingsgetränk: Almdudler gespritzt
Zuletzt gelesenes Buch: „Die Akte“ von John Grisham
Am meisten ärgern mich: Leute, die nicht ehrlich sind
Was ich noch unbedingt tun möchte: eine Kreuzfahrt machen
Am meisten freut mich: Wenn ich andere Menschen zum Lachen bringen kann