Ein
Tag im Leben ...
Sie kamen immer an
schönen, sonnigen Tagen, manchmal nur einer, öfters
auch ein ganzer Schwarm. Raubvogelgleich, aber viel lauter und bedrohlicher
drehten sie ihre Kreise über dem Westen des Ortes. Unerklärlich
für viele Bewohner des kleinen Dorfes Heiligeneich wiederholte sich
ständig dieses Schauspiel im Verlaufe des vergangenen Jahres. Eingeweihte
wussten aber bald, dass es sich hier um den neuen Hubschrauber des Bundesheeres
handelt, dessen Instrumentenanflugverfahren genau über Heiligeneich
führt. Hauptmann Doppler ist einer der Piloten, die ständig
diese schwierige Aufgabe trainieren muss und dabei seine Heimatgemeinde überfliegt.
In unserer neuen Serie wollen wir Menschen aus unserer Mitte einen typischen
Arbeitstag lang begleiten und sie Ihnen auch näher vorstellen. Heute
erzählt uns der Staffelkommandant der Black Hawk-Staffel aus seinem
spannenden Berufsleben ...
0530 |
der Radiowecker
beginnt zu spielen: Roy Orbison mit „Pretty Woman“.
Ich schaue rüber zu Elke: „Guten Morgen!“ Nach
der Morgentoilette frühstücken wir gemeinsam am liebsten
Müsli, Cornflakes, Marmeladebrot und Kakao. |
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0630 |
ich setze mich
ins Auto und fahre in die Kaserne nach Langenlebarn. |
0700 |
komme ich schon
in meine Kanzlei, das Privatgewand ist rasch gegen die Fliegerkombi
getauscht. Obwohl der Dienst erst um 0745 beginnt bereite ich mich
schon auf den Tag vor (Papierkram und Planungen). |
0745 |
findet die erste
Staffelbesprechung (wir Flieger sagen „Briefing“) statt.
Allgemeine Informationen und wichtige Details für den kommenden
Tag werden erläutert. |
0800 |
die Piloten
aller Staffeln finden sich im Lehrsaal der Wetterwarte zum Wetterbriefing
ein. Der Meteorologe bringt das Tageswetter von Österreich
und eine kurze Vorschau, ein Flugberater allgemeine Fluginformationen.
Als Flugauftragserteilender kann ich mir einen Überblick über die geplanten
Hubschraubereinsätze machen, danach kurze Besprechung mit dem Regimentskommandanten,
dem Flugkommandanten und den Staffelkommandanten zwecks Koordinierung der fliegerischen
Einsätze. Wieder in der Staffel überprüfe ich die vom Einsatzunteroffizier
bereits vorbereiteten Flugaufträge und unterschreibe sie. Auch ich bin zum
Flugdienst eingeteilt: Hochgebirgslandungen im Raum Ötscher, Hochkar und
Dürrenstein. |  |
0855 |
Jetzt beginnt
die eigentliche Flugvorbereitung: Wetterwarte anrufen um detaillierte
Wetterdaten: „Im Tullnerfeld dichter Nebel, regnerisch und
kalt, bis 1000 m Hochnebel mit leichter Vereisungsgefahr, darüber
Sonnenschein und traumhafte Sicht.“ Für einige Flugzeuge
ist dieses Wetter höchst problematisch, nicht so für
den S70 (Black Hawk). Voll instrumentenflugtauglich, mit Wetterradar
und Entei-sungsanlage ausgerüstet ist dieser Flug kein Problem.
Als nächstes werden Flugweg, Treibstoffverbrauch, Gewichtsverteilung, Leistungsberechnung
durchkalkuliert. Anschließend gebe ich den Flugplan bei der Flugsicherung
auf und erfahre Details über meinen Flugweg: Flugbeschränkungen, ausgefallene
Navigationsanlagen, Flugveranstaltungen uvm. |
0930 |
ich
treffe meine Crew (den zweiten Piloten und den Bordtechniker) zu
einem Briefing und erläutere den geplanten Flugablauf, flugrelevante
Details und gebe die Wetterinformationen weiter. |
0940 |
kurz
Zeit für Staffelangelegenheiten mit dem Dienstführenden;
zur Zeit keine gröberen Probleme. Währenddessen checkt
der Bordtechniker den Hubschrauber und rangiert ihn aufs Hallenvorfeld. |
1000 |
auch
ich als verantwortlicher Pilot muss die Maschine noch checken:
Triebwerks- und Getriebeölstände, allerlei Flüssigkeiten,
Rotorblätter, Reifen ..... |
1010 |
mein
Co-Pilot und ich sind an Bord und führen die Innenchecks durch. |
1020 |
Kontaktaufnahme
mit dem Kontrollturm: TULLN TOWER, SIX MIKE BRAVO BRAVO, GOOD MORNING,
REQUEST START UP.
Der Turm: SIX MIKE BRAVO BRAVO, TULLN TOWER, GOOD MORNING, START UP APPROVED,
TEMPERATURE MINUS FIVE erteilt die Erlaubnis zum Anwerfen der Triebwerke. |
1030 |
SIX MIKE BRAVO BRAVO; CLEARED FOR TAKE OFF; RUNWAY TWO SIX erhalten wir die Startfreigabe |
1034 |
SIX
MIKE BRAVO BRAVO, AIRBORNE THREE FOUR gibt uns der Turm die genaue
Startzeit. Wir befinden uns in dichtem Nebel, die Sicht ist gleich
null, wir verlassen uns ganz und gar auf die Instrumente der Maschine.
Kurz bevor wir die Wolkenobergrenze erreichen wird rund um uns
alles heller, die Sicht ist noch immer null und dann stechen wir
aus dieser Nebelsuppe heraus, unter uns ein richtiges Meer aus
weißer Watte. Wie meine Kameraden klappe ich das Helmvisier
herunter, da die Sonne blendet. Die Fernsicht ist enorm.
Schon haben wir 250 km/h erreicht, bis zum Ötscher vergehen nur 18 Minuten.
In den Bergen absolvieren wir ca. 25 bis 30 Landungen. Diese müssen immer
wieder geübt werden, man weiß nie, wann der nächste Einsatz solche
erfordert, mit der überragenden Leistung des Black Hawks ein wahres Vergnügen.
Beim Rückflug gehen wir in der Nähe von St. Pölten wieder in Instrumentenflug über. „Good
bye Sonne“, denke ich mir, als wir in die Watte eintauchen. Es ist ein
eigenes Gefühl, man sinkt in Richtung Flugplatz, Sicht null, erst unmittelbar
vor der Landung erkennt man die Pistenbeleuchtung und gleich danach auch Einzelheiten
des Flugplatzes. |
1237 |
SIX
MIKE BRAVO BRAVO, ON GROUND THREE SEVEN die genaue Landezeit vom
Turm, Abstellen, Bordbuch und Flugbuch schreiben. Mittagessen geht
sich wieder mal nicht aus. |
1300 |
Besprechung
in unserer Fliegerwerft über die zukünftige Ausbildung
(zum Teil streng geheim). |
1440 |
zurück
in der Staffel habe ich die Dienstpost zu erledigen, alles vom Spieß bestens
vorbereitet. Danach folgen die Absprachen mit dem Einsatzunteroffizier
und dem Werkmeister (Chef der Bordtechniker) für den nächsten
Tag. |
1600 |
Dienstschluss,
das ist nicht immer so. Raus aus der Fliegerkombi und ab nach Hause. |
1630 |
zu
Hause mache ich eine Stunde Fitnesstraining auf dem Ergometer.
Das ist super für den Stress-abbau und eine gute Vorbereitung
für die nächste Radrennsaison. Elke werkt irgendwo im
Haus, ach ja, die Sesselleisten habe ich auch noch nicht montiert,
morgen, ganz sicher! |
1930 |
das von Elke zubereitete Abendessen schmeckt traumhaft. Was für ein wunderbarer
Tag! |
2130 |
Kurz vor dem Einschlafen blinzle ich noch einmal rüber zu Elke und denke „Recht
hat er, der alte Roy Orbison!!!“ Gute Nacht. |
Der Funkverkehr wurde verkürzt wiedergegeben.
(JG+AM) |
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