EINE
KURZE GESCHICHTE DER ZEIT
... oder wie unsere Altvorderen wieder lebendig werden
Ein Streifzug durch die Sitzungsprotokolle der Gemeinderatssitzungen der
Jahre 1912 bis 1915.
von ANTON MÜLLNER
Ein neuer Gemeinderat konstituierte sich am 10. August 1912. Anwesend
waren als Senior (Altersvorsitzender) Ignaz Hufnagl, Besitzer der
Schindelmühle in Tautendorf, Dr. Moritz Ulrich, Dr. Franz Trsek,
wahrscheinlich Beamte aus Atzenbrugg, Heinrich Rabl, Müllermeister
aus Atzenbrugg, Michael Spangl, Anton Rabacher und Simon Tauber,
Bauern aus Atzenbrugg, Franz Vogl, Johann Kopp und Alois Haidegger,
Bauern aus Weinzierl, Michael Winkler, Gastwirt und Fleischer auf
dem späteren Gasthaus Thalauer in Atzenbrugg, Josef Strohmeier,
Bauer in Moosbierbaum, Josef Bruckner, Gastwirt, Holz- und Kohlenhändler
aus Heiligeneich. Entschuldigt war Dr. Ludwig Flesch Ritter von Festau,
Besitzer von Schloß Aumühle.
Anton Rabacher wurde wieder als Gemeindevorsteher (Bürgermeister)
gewählt. Zu Gemeinderäten (heute Geschäftsführende)
wurden Heinrich Rabl, Josef Bruckner, Josef Strohmeier und Johann
Kopp gewählt.
Die nächste Sitzung am 9. November 1912 befaßte sich
mit der Finanzierung des Friedhofes.
"Erster Punkt der Tagesordnung ist die Beschlußfassung über
die Aufbringung des Geldbetrages für die Adaptierung des Friedhofes. Der
Vorsitzende bringt sohin den Bericht über Herstellung des Friedhof zu Kenntnis
des versammelten Ausschuß worauf nach längerer Debatte beschlossen
wird entweder bei der Sparkasse Atzenbrugg oder bei der Reifeisenkasse den Betrag
von 2500 K aufzunehmen."
" Weiters wird beschlossen dem Gemeinde Diener ein Stiefelpauschal von
20 Kronen zu genehmigen."
In der Sitzung vom 2. September 1913 wurde über einen Erlaß der
Landesregierung zwecks Gründung eines Friedhoffonds debattiert.
Nach Verlesung dieses Erlasses und Debatte darüber wurde beschlossen:
"Der Schaffung eines aus dem Erlöse der Grabstellengebühren
zu bildenden gemeinsamen Friedhoffondes nicht zustimmen zu können
und zwar aus nachstehenden Gründen, die bisher aufgelaufenen
Kosten wurden seitens beider Gemeinden nach der Größe
des Steuerguldens getragen, nachdem nun der Steuergulden der Gemeinden
Atzenbrugg - Trasdorf sehr verschieden ist, müßte die
Gemeinde Atzenbrugg hiezu immer den größeren Teil leisten.
Weiters hat die Gemeinde Trasdorf durch Jahre hindurch keine Grabgebühren
eingehoben und trotzdem einen großen Teil der Mauergräber
belegt wordurch die Gemeinde Atzenbrugg geschädigt wurde. Der
n.ö. Landes - Ausschuß wird daher gebeten es bei der bisherigen
Ordnung zu belassen, daß jede Gemeinde ihre Gebühren selbst
verrechnet und die Friedhofskosten wie bisher nach Maßgabe
des Steuerguldens aufgeteilt werden."
In derselben Sitzung wurde auch der Ankauf eines Musikinstrumentes
beschlossen:
"Betreffend des Ansuchens der Schulleitung von Heil Eich
um Bewilligung eines Betrag zur Anschaffung eines Helikon wird einstimmig
beschlossen
einen Betrag von 30 K aus der Gemeindekasse zu bewilligen mit der
Motivierung daß dieses Instrument in das Inventar für
Kirchenmusikalien eingetragen und von jedem Regenschori an seinen
Nachfolger übergeben wird jedoch knüpft der Gemeinde Ausschuß die
Bedingung daß das Instrument armen Lehrlingen zu Unterrichtszwecken
unentgeltlich beigestellt wird, jedoch nur unter der Aufsicht des
jeweiligen Regenschori."
Damals war man auch schon sehr sozial eingestellt, aber auch vorsichtig!
Auch über die Kosten der Ortsbeleuchtung, die damals noch aus
Petroleumlaternen bestand, machte man sich Gedanken:
"Zunächst wird über den Antrag des Gemeindebeirates Josef
Strohmayer abgestimmt, es werde zur Deckung der Beleuchtungskosten
in der Katastra1gemeinde Atzenbrugg eine Umlage auf die Hausklassen,
Hauszins- und Erwerbsteuer im Gestzgebungswege zu erwirken. Hiefür
bloß 3 Stimmen. Der Antrag bleibt in Minorität. Herr Ausschussmitglied
Michael Winkler beantragt die Einhebung einer fixen Beleuchtungstaxe
von 3 Kronen für jede Grundkonscriptionsnummer in Atzenbrugg,
gleichfalls im Gesetzgebungswege, dieser Antrag wird mit 11 Stimmen
zum Beschlusse erhoben."
Und im Wortlaut die letzten Sitzungspunkte:
"Bezüglich der Vieh- und Fleischbeschau wird beschlossen, die
Herrn Johann Gottschak, Franz Schwarz und Josef Strohmayer (diesmal
schon mit "ay") zur Ausstellung von Viehpässen zu
berechtigen und dies der k.k. Bezirkshauptmannschaft anzuzeigen.
Bezüglich der Beschotterung der Gemeindewege wird der Bürgermeister
ermächtigt das Notwendigste zu veranlassen."
In einer kombinierten Sitzung am 15. Februar 1915 einigten sich
die Gemeinderäte von Atzenbrugg und Trasdorf doch noch darauf,
einen gemeinsamen Friedhoffonds zu schaffen. Dazu der entsprechende
Wortlaut im Protokoll:
"Die Gebühren werden so wie jetzt von den jeweiligen Bürgermeistern
eingehoben und am Jahresabschluß gemeinsam verrechnet.
Der Bürgermeister Johann Anhammer (von Trasdorf) stellt den
Antrag den zu schaffenden Fond mit Rückwirkung auf November
1912 zu beschließen. Antragsteller Ignaz Hufnagl bringt vor,
daß die Gemeinde Trasdorf in den letzten Jahren ungefähr
14 - 15 Mauergräber im Gesammtwerte von 1050 bis 1125 K unentgeltlich
benützt hat so daß hiedurch ein Ausgleich zwischen beiden
Ortsgemeinden für die Vergangenheit trotz der Thatsache erfolgt
ist daß ab November 1912 für Grüfte 350 K eingegangen
sind, und die Ortsgemeinde Atzenbrugg nach der bisherigen Verrechnung
im Vorteil ist. Herr Hufnagl beantragt daher den gemeinsamen Fond
mit der Wirksamkeit ab 1. Jänner 1914 zu schaffen. Dieser Antrag
wird mit 13 zu 9 Stimmen angenommen. Herr Hufnagl beantragt zu beschließen,
daß die bisher erworbenen Mauergräber beider Ortsgemeinden,
jedoch nur solche, die an der abgebrochenen Mauer gelegen sind nach
Ablauff der ersten 20jährigen Benützungsdauer auf weitere
20 Jahre ohne Einhebung einer Gebühr der Benützung überlassen
bleiben. Der Antrag wird einstimmig zum Beschluß erhoben.”
Eine wahrlich schwere Geburt!