Moosbierbaumer Dorfblatt'l. Unabhängige Moosbierbaumer Dorfzeitung
Jahrgang 4 • Ausgabe 12 • Dezember 2002
 

EINE KURZE GESCHICHTE DER ZEIT

... oder wie unsere Altvorderen wieder lebendig werden

Ein Streifzug durch die Sitzungsprotokolle der Gemeinderatssitzungen der Jahre 1919 bis 1920

von Anton MÜLLNER

Nachfolgend einige interessante, manchmal auch etwas kuriose Beschlüs­se von den Gemeinderatssitzungen der Jahre 1919 und 1920:

Sohin wird der Erlaß der n.ö. Landes­regierung vom 12. Februar 1919 voll­inhaltlich zur Kenntnis der versammel­ten Gemeinde Vertretung gebracht und hierüber nach längerer Debatte be­schlossen, das Ansuchen abermals zu befürworten nach dem durch die Errich­tung dem Kino in Zwentendorf keine Konkurrenz geboten und überdieß nur auf den Besuch der Bewohner der um­liegenden Ortschaften wert gelegt wird. (22.2. 19.)

Irgendwann werden wir ja doch unser eigenes Kino bekommen, wenn auch die Begründung dafür etwas merkwürdig erscheint ...

Gemeinde Ausschuß Josef Engelhart beantragt, daß die Gemeinde Vorarbei­ten behufs Erwerbung der Wasserrech­te in der Ebersdorfer oder Schindel­mühle in Angriff nehmen wolle. Weiters wird beschlossen die Wirtschaftsbesitzer aufzufordern, daß sämmtliches Vieh welches an Wimmer abzugeben ist, bei der Gemeinde Vorstehung anzuzeigen ist. (22. 2. 19.)

Dieser Wimmer dürfte damals der Wasenmeister (Kadaververwerter), im Volksmund auch Schinder genannt, ge­wesen sein.

Weiters wird beschlossen, dem Schnei­der und dem Gemeindediener je eine Remuneration von 100 K für die Meßarbeiten bei den Westen zu bewilli­gen. (22. 2. 19.)

Doch etwas merkwürdig, denn wenn es Uniformwesten waren, wieso bekam dann auch der Gemeindediener Geld?

Weiters wird die Anschaffung eines Brunnendeckels für den Friedhof­brunnen genehmigt. Weiters wird beschlossen, daß den Kranken und Notleidenden über Be­schluß der Gemeindevertretung mehr Fleisch zugewiesen wird. Unter einem wird dem Josef Geier sofort mehr Fleisch zugewiesen, da derselbe sehr krank ist. (20. B. 19.)

Betreff Viehkontrolle wird vom Gemein­derat Josef Engelhart beantragt, daß darüber Beschluß gefaßt wird, daß die Bezirkshauptmannschaft zu ersuchen sei, daß auch bei anderen Gemeinden die Kontrolle durchgeführt werde. Für diesen Antrag 5 für und 8 gegen den Antrag. (6.9. 19.)

Irgendwie rätselhaft, dieser Punkt. Wie­so wird nur die Gemeinde Atzenbrugg überprüft und wieso war man sich selbst nicht einig über diesen Antrag?

Betreff Gehaltsregulierung wird be­schlossen, daß die Bezüge des Gemeindesekretär und Gemeindediener um 100 % erhöht werden und zwar ab 1. September 1919. Weiters wird be­schlossen, daß die Remuneration des Herrn Gemeinde Vorstehers von 800 K auf 1600 K erhöht werde. Für die Mitglieder des Gemeinderates werden im Falle sie Reisen im Auftrage der Gemeinde unternehmen ein Pau­schal von 25 K und im Falle einer Nächtigung 10 K Nächtigungsgebühr (6.9. 19.)

Die Inflation der Nachkriegszeit mach­te sich schon bemerkbar!

Betreff des Weges um die Pulverfabrik wird beschlossen im Einvernehmen mit der Gemeinde Trasdorf der Direktion zur Herstellung des Weges eine Frist von höchstens 3 Monate zu genehmigen. (4. 10. 19.)

Die Fabrik hatte damals sicher andere Sorgen!

Uiber den Antrag des Gemeinderates Anton Indinger ist in der nächsten Sit­zung über die Trennung der Gemeinden Moosbierbaum Heil Eich bericht zu halten. (10. 1. 20.)

Herr Dr Lanz als Gemeinderat stellt den Antrag, es möge mit Rücksicht darauf daß seit der letzten in der Abtrennungs­angelegenheit abgeführten Gemeinde­ratssitzung, die ausschließlich im Akte enthaltene Eingabe der Katastral­gemeinde Heil Eich Moosbierbaum ein­gebracht wurde, gelegentlich der Beant­wortung der an die gerichteten Anfragen die Gemeinde in einer Druckschrift zu dieser Eingabe fachlich Stellung zu nehmen. Der Antrag gelangt zur Ab­stimmung und wird mit 8 Stimmen an­genommen. Herr Gemeinderat Engel­hart stellt hierauf den Zusatz Antrag das Gemeinderat Herrn Dr Lanz das Refe­rat erteilt werde. Der Zusatzantrag wird mit 8 Stimmen gegen die 5 Stimmen der Gemeinderäte von Heil Eich & Moos­bierbaum angenommen. (7. 2. 20.)

Die Heiligeneicher und Moos­bierbaumer wollten unbedingt weg von der Gemeinde Atzenbrugg, waren aber mit 5 gegen 8 Stimmen immer in der Minderheit und hatten auch einen schweren Stand, zumal der Wortführer der Atzenbrugger Gemeinderäte auch Rechtsanwalt war.

Uiber Ansuchen des bisherigen Ortsbesorgers Josef Schwanzer in Moosbierbaum einen neuen Ortsbesorger zu wählen wird Herr Franz Keiblinger Wirtschaftsbesitzer in Moosbierbaum für die nächste Periode zum Ortsbesorger gewählt. (6. 3. 20.)

Wäre heutzutage sicher auch nicht so schlecht, einen kleinen „Dorf­bürgermeister" zu haben!

Weiters wird beschlossen, künftighin für die Fahrt zu einem Brand einen Betrag von 50 K zuzahlen. Für die Abbrandler von Weißenkirchen in der Wachau wird ein Betrag von 100 K bewilligt. (6.3.20.)

Gemeinderat Dr Lanz erstattet das Gut­achten zur Eingabe der Moosbierbaum Heil Eicher Antragsteller wegen Gemeindetrennung, welches mit 9 Stim­men gegen die 5 Stimmen der Moosbier­baum Heil Eicher Gemeinderäte geneh­migt wird und in Rückschrift dem Landesrate vorzulegen ist. Gemeinde­rat Josef Engelhart erhebt Protest ge­gen die in der Eingabe gegen den vor­hergehenden Gemeinde Auschuß ange­führten Beschuldigungen. (6. 3. 20.)

Der Scheidungskampf wird härter.

Betreff Einhebung der Hundesteuer wird beschlossen für einen Haushund 5 Kronen, für einen Luxushund 20 K pro Jahr einzuheben. Unter Luxushund wird jeder zweite Hund angesehen. (27.3. 20.)

Ist etwas mißverständlich, aber doch logisch - wenn sich jemand zwei Hun­de leisten konnte, mußte er ja reich sein, daher “Luxushund”!

• Das Haus der Landwirtschaft in Heiligeneich

•Eine kurze Geschichte der Zeit

•AtzenbruggerAlmanach