Moosbierbaumer
Dorfblatt'l. Unabhängige Moosbierbaumer Dorfzeitung
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BRAUCHTUM IN DER FASCHINGSZEIT Bekanntes und Skurriles rund um die lustigste Zeit des Jahreskreises Die Spätwinterzeit zwischen dem Dreikönigstag und dem Aschermittwoch nennt man Fasching. Das Wort "Fasching" kommt aus dem bayrischen "vastschank" (Ausschenken des Fastentrunks, der den Webergesellen zustand - erstmals erwähnt in der Weberordnung von Passau). Von einer Festzeit im eigentlichen Sinn kann jedoch nur an den wirklichen Faschingstagen, also den drei Tagen vom Faschingsonntag bis zum Faschingsdienstag, gesprochen werden. Die Faschingstage waren schon im Mittelalter die Zeit für festliche Gelage, für Tanzunterhaltungen und Maskenspiele. Geschichtliche Zeugnisse bringen manche zum Schmunzeln verleitende Weistümer zutage, zum Beispiel diese: man untersagte oder beschränkte die "offentlichen faschingstänz", "bei welchen sonterlichen von jungen unverheuratethen manns- und weibspersonen große unzucht und antre leichtförtigkeit getriben wirdt". Das Faschingstreiben ist ein letztes Austoben vor der Fastenzeit und aus agrarkultischer Sicht der Versuch durch Lärm und Täuschung (Masken) den Winter zu vertreiben. Die eher städtische Form des Faschings ist der Karneval. Die Herkunft dieses Wortes ist nicht eindeutig geklärt. Es kommt aus dem Italienischen und könnte sowohl von "carrus navalis" (Schiffswagen), als auch von "carne vale" (Fleisch, lebe wohl) abgeleitet werden. Versucht man, die Wurzeln der verschiedensten Faschingsbräuche zu erforschen, muß man sich zuallererst in die Lebenseinstellungen unserer Vorfahren versetzen, um die Sitten und Bräuche ihres Zeitabschnitts zu verstehen. Diesen Menschen erschienen nämlich die Wunder der Zeugungs- und Geburtsvorgänge in einem kindlich reinen und natürlichen Licht, weit anders also, als wir es heute zu verstehen glauben, in unserer Zeit, wo alles wissenschaftlich zu erklären versucht wird. Für unsere Vorfahren war es noch ein wirkliches Weiheerlebnis, das ergriffen von ihnen verfolgt worden ist - dieses Erlebnis, wenn die klirrend kalten Wintertage mit ihrer Froststarre und der, wie ein Totentuch, alles umhüllenden Schneedecke, der immer stärker scheinenden Frühlingssonne wichen und die folgende Erdwärme die Natur zu neuem Leben wiedererweckte, die Natur neu geboren wurde. Mit großer innerer Freude begrüßten dann der Ackerbauer, Hirte und Viehzüchter das Erscheinen der Frühlings- und Saatzeit. Logischerweise gab diese allgemeine innere Freude über die Wiedergeburt der Natur Anlaß zu Festen. Diese Feste unserer Vorfahren hatten weit andere Hintergedanken, als es heute Sitte und Brauch geworden ist, wenn es heutzutags nur mehr um eine große Gaudi geht, ohne darüber nachzudenken, aus welchen ureigensten Gedanken heraus wir diese ausgelassenen Belustigungen eigentlich ausleben. Aber wir dürfen beruhigt sein, nicht unsere Generation scheint den Sinn und Zweck der alten Faschingsbräuche verlernt zu haben, denn bereits die alten Römer feierten im entsittlichten niedergehenden Römerreich ausschweifende Feste, wie die Luperkalien, die nicht unbedeutend einflußreich auch auf das deutsche Mittelalter waren. Deshalb sollte es unsere Aufgabe sein, oder werden, Faschingsbräuche, die ihre wahren Wurzeln im Brauchtum unserer Vorfahren haben, einer Wiederbelebung zuzuführen. Dazu gehören folgende Vorfrühlingsfeiern: die Lichtmeßbräuche, das Kornaufwecken, der Faschingsmummenschanz, der Schwerttanz, das Pflugziehen (Blockziehen), das Perchtenlaufen und Faschingsumzüge, das Sommer- und Winterspiel und das Faschingsbegraben. Lichtmeßbräuche: Diese Brauchtümer sind ihrem Ursprung nach mit der Wiederkehr lichterer Tage verbunden und verwandt mit sehr alten römischen Reinigungs- und Sühnefeiern. Dabei wurden - wie heute geweihte Kerzen - Fackeln an das Volk verteilt. Heute sind die Lichtmeßbräuche in die Kirche verlegt. Mariä Lichtmeß wird ja bekanntlich am 2. Februar gefeiert. Da dieser Tag der erste helle Frühlingsbote nach der finsteren Winterzeit ist, galt er, wie jeder Beginn eines neuen Jahresabschnitts, allgemein als Lostag für Wetterregeln und als Termin für Zinse und für Dienstbotenwechsel. Früher fand sich verbreitet der Brauch des Lichtmeßsingens. Ein altes steirisches Lichtmeßlied aus dem Sulmtal ist noch erhalten geblieben. Aperschnalzen und Kornaufwecken: Diese beiden Bräuche sind in Salzburg und Tirol noch erhalten. Das Aperschnalzen (von "aper" - offen, unbedeckt, weil der Boden schneefreie offene Stellen zeigt) wird heute noch in Salzburg vom Dreikönigstag bis Faschingsdienstag gezeigt. Der laute Knall der Peitschen soll die Winterunholde vertreiben. Das Kornaufwecken (auch "Langaswecken" = Lenzaufwecken) in Tirol ist entweder am 22. Februar oder am ersten Fastensonntag Brauch. Burschen mit Schellen oder Kuhglocken rennen unter großer Lärmentwicklung durch Dörfer und Felder. Früher wurden auf den Feldern hochflammige Reisig- oder Strohfeuer entzündet. Der Schwerttanz Der Schwerttanz ist der älteste Vorfrühlingsbrauch und wurde noch bis um 1909 in Oberösterreich und in der Obersteiermark gezeigt. Er ist einer der ganz wenigen Bräuche, die uns durch den römischen Geschichtsschreiber Cornelius Tacitus (er lebte von 55 bis 120) unmittelbar aus dem germanischen Altertum beschrieben worden ist. Bauernburschen und Männer kamen festlich geschmückt mit blanken Schwertern im Mondschein auf einer Waldwiese zusammen. Sie wurden begleitet von einer Schar junger, ebenfalls festlich gekleideter Mädchen, die als Fackelträgerinnen im Kreis um die Männer Aufstellung nahmen. Ein altes Lied, von Musik begleitet, eröffnete den Tanz. Die Männer umkreisten einander und gingen scheinbar aufeinander mit ihren Schwerter los während die Mädchen dazwischen mit ihren Fackeln tanzten. Leider ist dieses sehenswerte Brauchtum heute ausgestorben. Die älteren Bauern sagten, daß der Grund in der Faulheit der Jüngeren gelegen ist, die keine Zeit mehr zeigten, diesen aufwendigen Tanz einzustudieren. Mummenschanz und Faschingsumzüge: In der lustigen Faschingszeit wurden an vielen Orten Faschingsumzüge abgehalten. Ebenso wie das Kornaufwecken geht dieses Brauchtum zurück auf ein lärmendes Verscheuchen der Winterunholde, die man durch schreckhafte Masken vertreiben wollte und vor deren Rache man sich durch Vermummen (das später zur lustigen Maskerade wurde) schützte. Auch heute finden vermehrt immer mehr Faschingsumzüge statt und auch in unserer Gemeinde wird dieses Brauchtum hochgehalten. Besonders sehenswerte Faschingsumzüge fanden bzw. finden in der Obersteiermark am "damischen Montag" (Faschingmontag), im Ausseerischen mit den dort bekannten Faschingpredigten und Faschingbriefen, in denen der Fasching (eine seit 1786 nachweisbare buntgekleidete Gestalt) in sprühenden Versen alle Schlechtigkeiten der verschiedenen Mitbürger an den Tag bringt und in Tirol, wo am "Freßmontag" und ebenso auch am "Speiberchtag" (Faschingmontag und Faschingsdienstag) die "Scheller" und "Roller" die prächtigen Masken auf Umzügen begleiten. Tieferer Sinn und Zweck dieser Faschingsumzüge ist eine ganz bestimmte Handlung: die Darstellung der "Tötung" der Wachstumskräfte durch den Winter und die Wiedererweckung durch den Frühling. Das sollte man heutzutage bei der Organisation von Faschingsumzügen ins Kalkül ziehen und im Rahmen aller mitziehenden lustigen Begleitgruppen innerhalb eines Umzuges auf diese Darstellung der Charaktere "Winter" und "Frühling" nicht vergessen. Heute noch gilt in vielen Gegenden der Glaube, daß ein traditioneller Faschingsumzug ein fruchtbares Jahr bringe. Das Blochziehen und Pflugziehen: Am "damischen Monto" oder am "Foschnto" (Faschingmontag und Faschingsdienstag), mit denen der Fasching sein Ende nimmt, wurde in vielen steirischen und kärntnerischen Gegenden der alte Brauch des "Blochziehens" begangen. Dieses Brauchtum wurde nicht alljährlich begangen, sondern nur dann, wenn in der betreffenden Gemeinde durch das ganze Jahr keine Hochzeit stattgefunden hatte. Dann rief der Burschenverband der Gemeinde diesen alten "Fruchtbarkeitszauber" zu Hilfe. Die Burschen zogen am Tag vor dem Fest mit dem Bürgermeister in den Gemeindewald und suchten einen besonders schön gewachsenen Baum aus. Dieser wurde gefällt und noch am selben Tag mit Pferden vor das Dorf geführt, wo ihn die Nacht über eine fröhliche Schar von Burschen bewachte. Frühmorgens weckten Böllerschüsse und Blasmusik die Einwohner. Der Baum wurde von den gröbsten Ästen gesäubert, mit Bändern und Reisig geschmückt und an seinen beiden Enden mit je einem Christbäumchen aufgeputzt. Manchmal wurde auch ein Fäßchen Wein an den Stamm gebunden. Am vorderen Ende wurde eine lange Kette befestigt, durch deren freie Länge etliche Querhölzer gesteckt wurden. Am frühen Nachmittag begann der Zug. An der Spitze ritt ein gehörnter schwarzer Teufel als Anführer, dann folgte Musik und anschließend der Baum, der von den festlich gekleideten Burschen mit der Kette gezogen wurde. Zahlreiche Masken (Narren, Bären, alte Weiber, Rauchfangkehrer usw.) umschwärmten den Zug, trieben derbe Späße und hielten Spottreden auf die armen sitzengebliebenen Mädchen. Ausdrücklich wird in den überlieferten Berichten betont, daß es dabei zwar sehr witzig, aber durchaus anständig zugegangen ist. Am Dorfplatz hielt vor dem Wirtshaus der Zug, die Kette wurde rasselnd fallen gelassen und es folgte die Versteigerung des wertvollen und heilkräftigen Baumes. Das Geld wurde dann im Wirtshaus verjubelt, wo ein lustiger "Blochtanz" stattfand und alle zusammenhielt, bis zum aschengrauen Mittwoch. Daß dieses Brauchtum auch in anderer Form begangen wurde, zeigen überlieferte Aufzeichnungen aus der Umgebung von Graz, wo bis um die Zeit um 1880 nicht Burschen den Baumstamm, sondern sitzengebliebene Mädchen, quasi als "Strafe" für ihr Ledigsein, von den Burschen eingefangen und vor den Baum gespannt wurden. Freilich ließen sich manche Mädchen recht gern einspannen, denn allgemein galt der Glaube, daß diejenige bald heiraten würde, die "Blochziehen" hilft. In anderen Gegenden war es kein Baum, sondern ein Pflug, der von den Burschen oder Mädchen gezogen wurde. Das Bloch- und Pflugziehen fand eine sehr große Verbreitung, nicht nur in Kärnten, Tirol, Steiermark und Burgenland, sondern auch von England bis Bußland wurde eifrig diesem Brauchtum gefröhnt. Der Winter- und Sommerstreit: Es war einst ein weitverbreitetes Vorfrühlingsspiel, bei dem zwei Burschen, der eine im Winterpelz, strohgefüllt und einen Dreschflegel haltend, der andere weiß gekleidet, mit Bändern geschmückt und eine Sichel haltend, den Streit zwischen Winter und Sommer vorführten. Das Faschingbegraben: Dieser Brauch war eigentlich nichts anderes, als ein Eingraben oder Ersäufen des Winters. Im Kärntner Gailtal wurde eine Strohpuppe herumgetragen, begleitet von Trauermarschklängen und vom Geläute von Schellenkränzen. Nach einer Grabrede wurde die Puppe in den Brunnen geworfen. Diese Aktion spielte sich natürlich um Mitternacht vom Faschingsdienstag zum Aschermittwoch ab. Vergessen wir also niemals die eigentlichen Wurzeln unserer von unseren Vorfahren vorgegebenen Faschingsbräuche, leben wir in deren Sinn unsere Freude über die Vorfrühlingszeit aus und versuchen wir vielleicht einmal, das eine oder andere bereits vergessene Brauchtum wiederzubeleben! Quellennachweis: Sitte und Brauch in Österreich Volkskunde von Niederösterreich von Leopold Schmidt Von Neujahr bis Silvester von Rudolf Fochler |
• Brauchtum in der Faschingzeit • Eine kurze Geschichte der Zeit
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