Moosbierbaumer
Dorfblatt'l. Unabhängige Moosbierbaumer Dorfzeitung
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AN DER MÜNDUNG Glatt, einfach und scheinbar unberührt mündet die "neue" Perschling bei Pischelsdorf - der Waggraben - in die Donau. Um die Jahrhundertwende hat man sie bei Rust vom alten Schlingenlauf abgezweigt, um sie auf dem kürzesten Weg an ihr Ziel zu führen. Dieses sogenannte Hochwassergerinne führt am Riesenkohlekraftwerk Dürnrohr und dem Werk Pischelsdorf der Donau Chemie AG vorbei schnurstracks zur Donau. Und auch dem großen Frachthafen an ihrer Mündung gelingt es nicht, ihr weltmännische Bedeutung aufzupfropfen, die sie in Geographie und Geschichte zu vermeiden wusste. Bescheiden blinzelte sie nach rechts über Kraut-, Ruhen- und Kukuruzfelder in der Ebene, wenn links der erste Weltkrieg eine Munitionsfabrik entstehen ließ. Ungerührt plätscherte sie durch Bombentrichter, die im zweiten Weltkrieg Fliegerbomben bei ihrem Zerstörungswerk an der Erdölraffinerie Moosbierbaum sprengten und ebensowenig kümmert sie sich heute um das größte kalorische Kraftwerk Österreichs, das über den Industrieruinen entstand. Sie stellt sich wohl nicht einmal die Frage, welches Machwerk menschlichen Planens als nächstes die einstmals sumpfige Ebene an ihrem linken Ufer zwischen Moosbierbaum, Dürnrohr, Zwentendorf und Rust beherrschen wird. Ihr Wasser stellt keine Fragen. Bescheiden fließt es seinem Ziel entgegen und schwemmt landwirtschaftlichen Kunstdünger und industrielle Hässlichkeit hinab in den europäischen Strom. Die kleine Perschling überlässt es der großen Schwester, sich darüber Gedanken zu machen und ganze Völker von Krähen kosten die Beeren des Schlehdorns und der wilden Rose, die an ihrem Unterlauf gedeihen. Ganz anders die "alte" Perschling. Mühsam mäandriert sie von dichtem Weidengehölz verborgen durch die Ebene, treibt (besser trieb) bei Neusiedl die letzte Mühle ihres Laufes an, um bei Pischelsdorf die Auen der Donau zu erreichen. Und auch hier - fast am Ziel - vollführt sie noch einmal in der Au verborgen ihr größtes Schlingenkunststück, bevor sie zwischen Langenschönbichl und Kronau in einen Altarm der Donau, in das "Geschirrwasser" mündet. Hier, in einem breiten Paradies der Fischer mit Schilfgürtel, Seerosen und Schwänen scheint sie sich zur Ruhe zu legen, doch der Schein trügt. Ihrer ursprünglichen Mündung in die Große Tulln durch den Rückstau des Kraftwerkes Greifenstein beraubt, muss ihr Wasser durch ein Pumpwerk knapp oberhalb der neuen Donaubrücke von Tulln in die Donau hochgepumpt werden, - ein Symbol der Naturferne unserer Zeit, in der statt Energie dem Wasser abzugewinnen, diese verbraucht wird, um den erst zerstörten natürlichen Ablauf wieder herzustellen.
Quellen Dieter Kühn, "Neidhart von Reuental" Dieter Kühn, "Erwachen und Aufstieg der Menschheit" Josef Serlath, handschriftliche Erinnerungen 1980 Anton Handelsberger, "Das Werk Moosbierbaum" Richard Richter, "25 Jahre Werk Pischelsdorf der Donau Chemie AG" Festschrift 1985 Geschichte von Böheimkirchen Gutachten des Amtsschutz Technischer Bericht zur Perschlingregulierung des NÖ Bauamtes
1895 Schulchronik von Böheimkirchen |
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