Moosbierbaumer Dorfblatt'l. Unabhängige Moosbierbaumer Dorfzeitung
Jahrgang 4• Ausgabe 11• September 2002
 

VOR LANGER ZEIT

Ein Nebenverdienst der Bauern um die Jahrhundertwende bestand im Verkauf der bei Hausschlachtungen anfallenden Tierknochen an die Seifenfabrik in St. Pölten.

Die Bauern von Langmannersdorf aber verbesserten den Ertrag dieses Geschäftes, indem sie den Resten ihrer eigenen Tiere jene großen, schweren Knochen beimengten, die beim Pflügen einiger Felder östlich des Dorfes häufig zum Vorschein kamen. Diese Ertragsverbesserung fand ein Ende, als der Wiener Museumsdirektor J. Bayer erkannte, dass hier Mammutknochen vorlagen und 1919 bei Ausgrabungen eine eiszeitliche Kulturstätte von internationaler Bedeutung freilegte.

"...Das Zentrum des ganzen Lagerplatzes bildet der große Abkochplatz. Es sind Ascheschichten, mit zahllosen, angebrannten Knochenstücken übersät, mit ganzen oder zerschlagenen und unverbrannten Knochen von Mammut, Wolf, Fuchs und anderen Tieren.

Es macht alles den Eindruck, als ob man sich bei der großen Abkochstelle das Essen geholt habe und als ob man es dann abseits auf einem Stein verzehrt habe. Um den großen Platz herum lagen einzelne Steinplatten und seltsamerweise auch 18 kugelrunde Steinbildungen aus der Tertiärzeit. Sie lagen auf einem Fleck zusammen. Zweifellos waren es Spielkugeln, und schon mehrfach sind solche Spielkugeln an den eiszeitlichen Rastplätzen beobachtet worden. Ganz in der Nähe war der Arbeitsplatz eines Feuersteinschlägers. Es fanden sich noch die Feuersteinknollen aus verschiedenen Steinen, Hornstein und roter Japsis, und es lag auch noch der Stein da, mit dem die Retuschen gemacht worden sind: ein kleines Atelier eines Feuersteinschlägers. Östlich von dem großen Abkochplatz fanden sich zwei Haufen von Knochen. Der eine enthielt zwei vollständige Skelette vom Wolf, einen Wolfsschädel und eine Anzahl Mammutknochen. Der Wolfsschädel zeigt noch Spuren von Verletzungen.

Der andere Knochenhaufen bestand aus einem stark beschädigten Schädel eines jungen Mammuts mit beiden Stoßzähnen. Er lag mit dem Gaumen nach oben, die großen Zähne waren herausgerissen, alles Essbare war durch Einschlagen der Schädeldecke herausgeholt. Der große ovale Quarzstein, mit dem der Schädel eingeschlagen war, lag noch mitten auf dem Gaumen. Der Unterkiefer fehlt.

Das Interessanteste aber war südlich des großen Abkochplatzes die Wohnung: eine Wohngrube von fast rundem Grundriß mit ungefähr 2.5 m Durchmesser, bis 1.7 m tief in den Löss eingegraben.

In der Hütte fand sich eine Sitzbank. Ein länglicher Lössblock war beim Ausgraben der Grube stehengeblieben. Hier saß der Steinschläger. Um die Sitzbank herum lag eine große Menge von Feuersteinabsplissen.

Die Grube war sicherlich mit einem Dach aus Reisig und Fellen bedeckt. Und Windschirme haben an der Nord- und Westseite Schutz vor Kälte und dem Wehen des Lösswindes gegeben...." (Kühn/ Erwachen und Aufstieg der Menschheit/Fischer Bücherei KG 1966, Frankfurt S 117)

Mit dem Ende der letzten Eiszeit und der Entstehung der heutigen Geographie dürfte ein dichter Auwald das gesamte Tal ausgefüllt und zahlreiche Arme und Tümpel den sumpfigen Grund durchzogen haben. Das Hügelland war von dichten Auwäldern bedeckt, die erst den großen Rodungen des Mittelalters weichen mußten. Auch heute noch tauchen immer wieder kleine Streifen mit Schilfrohr in der Ebene auf und es gibt noch kleine Reste von Altarmen, etwa bei Mauterheim ("Altbachstraße" in Böheim-kirchen). In häufig sich verändernden Schlingen durchzog der Bach das Sumpfland, an das Ortsnamen wie Röhrenbach, Moosbierbaum, Rust oder Dürnrohr erinnern.

Von mehreren Ausgrabungen wissen wir, dass in der Bronzezeit eine bedeutende Siedlung auf dem erhöhten Rücken des Hochfeldes in Böheimkirchen im Zwiesel von Michelbach und Perschling existierte, die das obere Perschlingtal beherrschte und über deren Resten sich heute Kirche, Friedhof und die Schulen des Ortes erheben.

Beim Bau der Schulen stieß man auf die Reste mehrer Vorratsgruben, die später mit dem Abfall der Bronzezeitbewohner gefüllt wurden. Die Analyse dieses jahrtausende alten Mülls liefert ein eindrucksvolles Bild der Wohn-, Jagd-, Ess- und Handwerkskultur jener Zeit. Die bei Grabungen anlässlich des Hauptschulbaues 1975 gefundenen Reste eines Walles, der die Siedlung nach Süden begrenzte, sind ein weiterer Hinweis auf ihre Bedeutung und Größe.

In der Römerzeit gehörte unser Land zur Provinz Noricum. In Tulln wurde das alte "Comagena" von den Archäologen freigelegt und westlich ein Militärlager, bei dem es sich möglicherweise um das überlieferte "Pirotorto" handelte. Interessant sind in diesem Zusammenhang Deutungsversuche, die "Pirotorto" (torto = gewunden, Piro = Per) mit Perschling in Verbindung bringen.

Neben der Straße zwischen den Kastellen an der Donau existierte eine zweite Verbindung, die am Rand der sumpfigen Ebene von Zeiselmauer über Michelhausen und Perschling nach St. Pölten führte, worauf u. a. die Funde in Haselbach und der Ortsname Mauterheim schließen lassen. Diesem alten Verkehrsweg folgte auch die mittelalterliche Straße, in deren Orten Pottenbrunn, Perschling, Michelhausen, Rust und Zeiselmauer Neidhart von Reuental die Bauern seiner Dichtung ansiedelte, woran ein Sgraffito an der Hauptschule von Heiligenich erinnert. (Dieter Kühn: "Neidhart von Reuental" insel tb 1389 S 435-441)

Bis zum Bau von Westbahn und Autobahn war die "Reichsstraße" neben der Donau die wichtigste Verkehrsader zwischen Wien und dem Westen Österreichs - das Posthaus in Perschling ist der bedeutendste Zeuge für diese Tatsache.

Folgt die Perschling im Bereich ihres Oberlaufes in den engen Tälern noch weitgehend ihrem ursprünglichen Weg, haben die zahlreichen Hochwässer schon sehr früh zu Regulierungen in der Ebene geführt. Aus heutiger Sicht dürfen wir dabei die in den Zwanzigerjahren gefundene Lösung eines Entlastungsgerinnes hoch schätzen, da dadurch der alte Schlingenlauf mit seiner üppigen Vegetation über große Strecken erhalten blieb.

Natürlich ist das Land an der Perschling heute ein landwirtschaftliches Kulturland, aber es ist ein Kulturland geblieben, das Platz hat für die Natur, das nicht vermarktet und zu einer reinen Nutzfläche verkommen ist

Schlingen bei Saladorf
.

Böheimkirchen

• Eine kurze Geschichte der Zeit

•Atzenbrugger Almanach


• Die schwarze Muttergottes von Tautendorf

Das literarische Podium

° Vor Langer Zeit

° Naturdenkmal Alte Perschling

° Die Obstbaumallee

° Regulierungen

° Die Schlösser

° Sakralbauten

° Wege

° Das Chemiewerk Moosbierbaum-Pischelsdorf

° An der Mündung